Kunst im Park des mli. - Theoretischer Abriss zum Locus amoenus dem lieblichen Ort.

Over bridge of sighs
To rest my eyes in shades of green
Under dreamin' spires
To Itchycoo Park, that's where I've been.
What did you do there?
I got high
What did you feel there
Well I cried
But why the tears there?
I'll tell you why
It's all too beautiful

Small Faces 1967


Der Locus amoenus, der schöne, der liebliche Ort sowohl in der Außen- als auch in der Innenwelt, ist eine zentrale Begriffskategorie der [MATRIX]. Das Grundbedürfnis, den Locus amoenus einzurichten, wird als naturrechtlich verankert im Genpool des Menschen gedacht.
Deshalb haben wir als eine der letzten Spätsommer-Aktionen den Park des mli durch einige größere Steinstatuen bereichert. Wir wollten durch die Skulpturen den strukturellen „backbone“ (Wege, Trockenmauern, Pergolen) unseres kleinen Institutsparks durch weitere Attraktoren bereichern.

Garten, Park, Pädagogik und Gesellschaft
Der Garten ist auch immer eine abgeschlossene Welt im Kleinen, eine miniaturisierte Projektionsfläche dessen, was sein Schöpfer über die Welt im Ganzen mutmaßt. Schon Cicero machte den Vergleich zwischen der Erziehung der menschlichen Seele und der Gestaltung der Natur durch Ackerbau. In der Gartengestaltung und in der Pädagogik finden beide Disziplinen zusammen, die Gestaltung der Innen- und Außenwelt. Die Behandlung der Pflanzen wird schon früh zur Metapher für den Umgang mit dem menschlichen Nachwuchs. Dementsprechend spiegeln sich in der großflächigeren Park- und Landschaftsgestaltung die gesellschaftlichen Ordnungs- und Spannungsverhältnisse.

Kurzum, es geht beim Garten und Park um die projektiven Wechselbeziehungen zwischen Außen- und Innenwelt, zwischen den Polen Natur und Kultur, Wildwuchs und Disziplin, Emotion und Kognition, Trieb- und Denkstruktur, Ekstase und Homöostase, zusammengefasst dem Verhältnis von Primär- und Sekundärprozess.

Die unendliche Kraft
Da die Statuen bis zu einer Tonne schwer waren, wurde ein Manitu gemietet, und welcher Mann hatte nicht noch die Erfüllung des Baggerfahrens auf seinem biographischen Wunschzettel. Der (große) Manitu bezeichnet in der Sprachfamilie der Algonkin-Indianer eine unpersönliche, außerordentlich wirksame Kraft, die in allen Wesen und Dingen enthalten ist. Der Manitu (dies war nur die kleine Ausgabe) ist in der Tat ein dolles Ding. Nicht so schnell, aber bärenstark, ziemlich wendig, geländegängig und hubflexibel. Wahrscheinlich schwenkt der Teufel die glühenden Pfannen und Töpfe mit einem ähnlichen Gerät an seinem Locus amoenus. Der Locus amoenus des Teufels ist nach menschlichen Maßstäben der Inbegriff seines Gegenteils der Locus terribilis oder mit schlichten Worten die Hölle.

Himmel und Hölle
In allen spirituellen Systemen gibt es als Projektion dieser Kategorien Himmel und Hölle. In der Genesis gilt der Garten Eden, das Paradies, als Wiege der Menschheit. Diesen privilegierten Müßiggang versauen sich Adam und Eva relativ fix durch die Anwendung von Neugier, eine Kombination von Erkenntnisdrang und Sex. Kain gelingt bald darauf das erste Kapitalverbrechen, und die Menschheit ist in der alltäglichen Hölle angekommen. Der Locus amoenus ist nur durch einen dünnen Schleier von seinem Gegenteil, dem Locus terribilis, entfernt.

Historische Loci amoeni
Diese Vorstellungen vom schönen Ort finden bald ihren Fortgang in den Mehrzweckhallen der Steinzeit mit ihren Kunstproduktionen, den Höhlenmalereien des Aurignacien bis ins Magdalénien. Das sagenumwobene Atlantis gehört in den Kanon der klassischen Loci amoeni. Die hängenden Gärten der Semiramis aus Babylon zählen zu den sieben Weltwundern. Die Loci amoeni finden ihre Fortsetzung in den großen Utopien des Mittelalters und der verschiedenen Kulturkreise: Aladins Wunderlampe die mythologischen Vorwegnahme der Konsumgesellschaft, dem Schlaraffenland, wo Milch und Honig flossen, als der Vorwegnahme des Sozialstaates und die Phantasmorgien Jonathan Swifts in Gullivers Reisen, der Umkehrung der gesellschaftlichen Herrscherverhältnisse, die vielen Robinsonaden, den ersten geschlossenen Systemen als Inselexistenz, mit einem autarken Leben in Genügsam- und Friedfertigkeit. Es geht weiter mit Karl Mays Lügenpropaganda von den edlen Blutsbrüdern Winnetou und Old Shatterhand, die Rassenschranken überwindend einen umherschweifenden Rechtsstaat der Prärien begründen. Während realiter die Jungens, die gerade noch mit 14 geweint hatten, als Winnetou starb, kurze Zeit später mit 17 nach Stalingrad zogen und die Taiga von Untermenschen säuberten. Bei den flinken Windhunden war die stahlharte Etablierung des inneren Locus amoenus gründlich in die Hose gegangen, und sie landeten in dem Locus terribilis der totbringenden russischen Wintersteppe. Gleichzeitig ließ es ihr Gröfaz (der größte Feldherr aller Zeit, ein „Ehrentitel“ der ihm vom damaligen Kabarettisten Werner Finck unter Todesgefahr verpasst wurde) mit seiner Nazischikeria in Galauniform auf der zentralen Gralsburg am Obersalzberg richtig krachen. Wie in allen historischen Epochen lagen Hölle und Himmel nicht weit von einander entfernt. Krieg und Frieden scheinen epochal gesehen wie Ying und Yang zusammenzugehören.


Vom Obersalzberg über Graceland nach Neverland und retour
Elvis und Michael machten klar, dass nicht nur Tyrannen einen Hang zu liebreizenden Bonzenburgen haben, sondern auch Popkasper mit ihren Hypercocooingranches, Graceland und Neverland, was vom Locus amoenus verstehen. Der geschichtlichen und ideologischen Nähe zum Obersalzberg waren sie sich wohl weniger bewusst.

Graceland ist heute ein Museum (600.000 Besucher p.a.), Neverland wird noch eines. Die einzig gute Nachricht ist, dass das Interconti Resort auf dem Obersalzberg nicht richtig in die Gänge kommt. Da haben sich ein paar amerikanische Marketing-Heinze aus der neokonservativen Ära (wahrscheinlich noch vom Mythos der Alpenfestung benebelt) gründlich verkalkuliert, was bei mir klammheimliche Freude auslöst. In dieser Phase des ausgeflippten Turbokapitalismus war man der Auffassung, aus jedem Mist Geld machen zu können. Hier sollte eine kontextuelle Allchemie (nach Zauberlehrling Harry Potter) appliziert werden. Ein ehemaliger Locus amoenus durch geschichtliche Kontaminierung seines Usurpators zum Locus terribilis mutiert, sollte zu einem Locus amoenus rückgewidmet werden, Hauptsache der View auf und der Look von den Voralpen „stimmt“. Das ging gründlich in die Lederhose. Umdeutungen sind auch im Beratungsbereich ziemlich kitzelige und damit zweischneidige Verfahren. Sie kommen meistens nicht zukunftsweit und -weise durchdacht zur Anwendung. Das ganze Dummdeutsch der politischen Spin(n)-Doctors sind dazu nie versiegende Quellwolken der Heiterkeit bis plötzlich die Piratenpartei unter frischem Sprachwind neun Prozent „räubert“. Die Politbonzencliquen aller (Regenbogen-)Farben, kratzen sich verwundert die speckigen Stiernacken, schwurbeln und denunzieren munter Piratens naiv romantische „Inhaltsfreiheit“. Hätten Sie denn Recht, wo wäre da der Unterschied zur Inhaltsleere ihreres eigenen Lavierens, Vertuschens, Lügens und falschen Richtungsentscheidungen z. B. im Falle der griechischen Währungs- und Regierungsrochaden. (Von den hundert andern Beispielen ganz zu schweigen.)

Hecke, Rough, Wilderness
Denn ein Locus amoenus - der Bestand haben will - zeichnet sich nicht nur durch äußere Attribute, sondern durch die Kongruenz innerer und äußerer Attribute aus. Dazu gehören innere Gesundheit, Freiheit, Frieden und Autonomie. Die Amalgamierung dieser widersprüchlichen Werte gelingt nur, wenn die Kongruenz zwischen innerer und äußerer Friedfertigkeit seiner Bewohner gelingt und gleichzeitig Wege ins Rough der Wilderness, jenseits der Hecke als Grenze zum Schutzraum Locus amoenus permeabel für Phantasie und Kreativität bleiben. Durch diese Permeabilität wird die energetische Zufuhr zum umfriedeten Raum aufrecht erhalten.

Kleinbonum hat diese Umfriedung ebenso wie Camp David oder das Zuckertorten Schloss Neuschwanstein von Ludwig dem Wahnsinnigen. Kleinbonum ist die phantasierte, dörfliche Metropole einer antirömischen „Phalanx“ aus vier Fäusten und Zaubertrank gallischer Partisanen. Asterix und Obelix waren die zeitlichen Nachfolger der Buddies „Laurel und Hardy“ und Vorläufer des anarchistischen Prügelduos „Terence Hill und Bud Spencer“. Die Umfriedung (unter-)scheidet die Territorien von Natur und Kultur von Primär- und Sekundärprozess, den neuronalen Hemisphären des Bewusst- und des Unterbewusstseins. Die Hecke von Dornröschens Schloss, Rapunzels Turm und der Felsen der Loreley haben die gleiche Funktion. Die Grenzlinien können horizontal und vertikal verlaufen.

Die Hagazzusa, die Hexe oder bei der [MATRIX] der [MATRIX]ograph sind die Grenzgänger, die Scouts, die in beiden Welten zu Hause sind. Sie wissen die Wege durchs Rough in die Wilderness und vor allem auch zurück, damit die Guided Trekking Tours in die primärprozesshafte Innenwelt der Mandanten nicht wie im Film „Into the Wild“ letale Folgen haben und zu einem One Way Ticket werden. Sie wissen um das eng verflochtene myzelartige oder rhizomförmige Wurzelgeflecht, von energetischen Mikrokanälen, das die beiden Welten unterirdisch unter der Hecke, unter jeder Mauer hindurch untrennbar miteinander verbindet. Myzele Netze als lebendige Strukturen können trotz ihres Lebens im Verborgenen enorme unsichtbare Flächen abdecken und ein hohes Lebensalter haben. Durch das Myzel und das Rhizom bleiben Wilderness, Park und Garten, Natur und Kultur verbunden, obwohl sie an der Oberfläche völlig unterschiedliche Erscheinungsformen zu haben scheinen. Aus diesen nichtsichtbaren Strukturen schöpfen die differenten Territorien ihre Kraft und tauschen leise flüsternd ihre Botschaften und Lebenssäfte aus. Es ist die fast perfekte Metapher für Oberflächen- und Tiefenstruktur und für unsichtbares und selbstorganisiertes subversives Wirken.

Traumzeit
Zwischen dem Haus, dem Anger, der Stadt als Territorien der Zivilisation und der Wildnis als Natur liegen Garten und Park als Sandwichwelten. Je nachdem von welcher Seite man kommt, haben sie mehr von den Qualitäten des einen oder anderen Pol. Der Zaunreiter sitzt wie die Hagazzusa auf der Hecke und schaut in beide Territorien. Wie der Ethnologe oder der [MATRIX]ograph kennen sich die Zaunreiter und Mauerspringer in beiden Welten aus. Sie haben immer den stereoskopischen Blick auf das Ganze, zwischen dem Links und dem Rechts der einen, der anderen oder der dritten Welt.

„Die Wiege schaukelt über einem Abgrund und der platte Menschenverstand sagt uns, dass unser Leben nur ein kurzer Lichtspalt zwischen zwei Ewigkeiten des Dunkels ist. Obschon sie wie eineiige Zwillinge sind, betrachtet man den Abgrund vor der Geburt mit größerer Gelassenheit als jenen anderen, dem man (mit etwa viereinhalbtausend Herzschlägen in der Stunde) entgegeneilt“, so ist der Beginn von Nabokovs Autobiographie. Park und Garten stellen diesen kurzen Lichtspalt dar, bei der Gartenarbeit lässt es sich trefflich über den Sinn des Lebens, Vergänglichkeit und Ewigkeit philosophieren. Die Mustersprache des Gartens ist das «going native», das «going home». In den Grenzerfahrungen der Zwischenwelten, den kurzen bilderbunten und sinnenprallen hypnagogen Traumzeiten zwischen Schlafen und Wachen, ist man gleichzeitig schon Reisender in den anderen Sphären, bei den «Fahrten in den Weltinnenraum der Seele» (Gelpke) und doch noch reflektierender und partizipierender Forschungsreisender seiner selbst. Ernst Jünger sprach von einem „Doppelspiel der Bilder- und Gedankenwelt“. Hier stellt sich naturwüchsig und mühelos ein, was man für die „Hypnotische Identifikation“ im [MATRIX]-Interview übend erarbeiten muss. Genauso, wie man sich den reflektierenden Müßiggang im eigenen Garten und Park durch ständiges Tun hart erkauft.

Kitsch und Kunst
Der Locus amoenus ist häufig nicht weit vom uferlosen, aber seichten Fluß dem Kitsch, dem spießbürgerlichen Idyll, dem Ausstieg oder der Weltflucht entfernt. Die Masse und ihre Kanzler baden gerne lau in seinen lasziv träge strömenden Wassern. Damit man diesen falschen Verlockungen nicht unterliegt, braucht der Locus amoenus ein ästhetisches Konzept, (das man heute natürlich beim Inneneinrichter bestellen kann) und muss in Tugenden verankert sein.

Anselm Kiefer zeigt in seinem Landschaftsatelier in Brajac, dass es Loci amoeni gibt, die durch eine andere Ästhetik, als die des konventionellen Gartens als Sinnbild der heilen Welt zu faszinieren wissen. Gerade Kiefer setzt sich in seinem Werk immer wieder mit der totalitaristischen Hybris und den Orten des Eises und der Finsternis auseinander.

Die weißen Villen der Camorra
Durch die Globalisierung und die neokonservative Wirtschaftsordnung steht heute der globale Garten Eden auf dem Spiel. Am sinnfälligsten sieht man das an den weißen Villen im Hinterland der Camorra, der wirtschaftskriminellen Clans in Italien, abgesehen von Berlusconies Bunga, Bunga Bonzenbunker in der blauen Lagune auf Sardinien.

Von hohen Mauern, scharfen Hunden, Sicherheitselektronik und entsprechende Kloppertruppen abgegrenzt, organisieren die kriminellen Eigentümer dieser Verbrechenshochburgen ihren Broterwerb aus Müllverschiebung, Waffen-, Frauen- und Drogenhandel. Die Bevölkerung um Neapel hat durch die illegalen Müllkippen ein signifikant erhöhtes Krebsrisiko und Gendefekte. Die alte Teufelsmelodie der Stones, die einen sahnen ab, die anderen „bleiben draußen vor der Tür“. Der Dokumentarfilm Gomorrha gibt darüber Auskunft. Das wirklich Schlimme an diesen Unappetitlichkeiten ist, dass das nicht auf Süditalien beschränkt ist und sich bis in die SLums von Rio und Bombay zieht, sondern dass die ganze Schöpfung von der herrschenden Zivilisation in einen «ground zero» verwandelt wird. Zusätzlich hat sich eine resignative Omerta aus Gleichgültigkeit oder Angst in weite Bereiche der westlichen Gesellschaften eingefressen. Sechzig Millionen Tote waren das Ergebnis des 2. Weltkrieges. Das schafft die heutige Zivilisation pro Jahr durch Hunger und Seuchen und kein Schwanz spricht darüber. Im Gegenteil, wird dann mal darüber gesprochen, dann häufig so: „Das Raumschiff Erde ist eh schon zu voll und solange sich das woanders und nicht bei uns abspielt, betrifft uns das nicht.“ „Lustig“, welche zynische Argumentationsfiguren: auf der einen Seite wird in der Raumschiffmetapher mit einer ungeteilten Welt die Mitverantwortung kaltschnäuzig abgewehrt, auf der anderen Seite wird mit der geteilten Welt „des woanders“ die Zuständigkeit weggewischt.

Sodom und Gomorrha
Sodom und Gomorrha gelten als die jahrtausende alte abendländische Metapher für die Verwandlung eines Locus amoenus in einen Locus terribilis. Dieses Sündenbabel wurde durch Feuer und Schwefel vernichtet, weil sich Lots Frau naseweis umdrehte und zur Salzsäule erstarrte. Dass der Terminus Gomorrha auch für die Luftangriffe von Bomber Harris auf Hamburg herhalten musste, steht auf dem selben Blatt wie die Zivilisation mit sich selbst verfährt. Hamburgs Gomorrha war nur ein industrieller Prototyp im Vergleich zu dem, was später veranstaltet wurde, von Vietnam bis Afganistan, Irak und in alle Krisenherde und Kriegsspielplätze dieser Welt.

Zurück in Ittcycoo Park
Der Garten gilt als der Inbegriff des Locus amoenus oder als Hortus conclusus. Gudrun, meine Frau, hat hier einen Blumengarten geschaffen, den wir nun noch durch die größeren Skulpturen ergänzen wollten. Dieser Garten ist eine Mischung aus Bauern- und Cottage-Garten. Die gemischten Arrangements aus Pflanzengemeinschaften mit mosaikähnlichen blumenreichen Farbassoziationen dominieren über geometrische Strenge. Der Garten ist das landschaftliche Bindeglied zwischen Wilderness, Park und dem Haus. Emil Nolde hat das in seinen ungemalten Bildern festgehalten. Walter Benjam liefert die ästhetische Theorie zu Noldes Bildern. Er schrieb Anfang des letzten Jahrhunderts: „Die Farbe ist schön, aber es hat keinen Sinn, schöne Farben hervorzubringen, weil Farbe Schönheit als Eigenschaft, nicht als Erscheinung im Gefolge hat. Die Farbe hat kein natürliches Medium des Ausdrucks. Damit gehört sie der Natur an, aber als unempirisches, formloses rein Rezipierendes. Der Mensch tritt ihr nur im selbstvergessenen Weben der Phantasie gegenüber. Das Leben in der Farbe ist die Verheißung der kindlichen geistigen Welt.“

Unsere Steinskulpturen sind Ausdruck unseres (leider bescheidenen) Bemühens, den Buddhaweg der Freiheit, Friedfertigkeit und Verständigung gehen zu wollen. Die Maori-Statuen stehen für die Traumzeiten, die pazifischen Utopien von Daniel Defoe.

Da Survival und Katastrophenabwehr auch eine Kategorie der neuen [MATRIX] ist, stellen wir uns natürlich die Frage, wann wir in welchem Umfang mit Gemüse und Nutzpflanzen beginnen, damit in den Zeiten von Währungskrisen und Staatsverschuldung unsere Autonomiereichweite ausgedehnt wird. Das Unsichtbare Komitee weist auf diese Möglichkeit ausdrücklich in seinem letzten Buch hin. Es ist nur eine ziemlich zeitaufwändige Geschichte.


Die unsichtbaren (elektronischen) „Parkwächter“ oder „O`zapft is
Im Frühjahr werden wir vielleicht noch ein paar Soldaten der Terracotta Armee von Kaiser Qín Shǐhuángdì hinzufügen. Denn wir können nicht nur den Buddhaweg des Friedens, sondern auch den Weg der Verteidigung, wenn man uns ganz dumm kommt. Den rasanten und multiplen Entwicklungen zum Locus terribilis der globalen „Titanic“ und der chronischen Havarie der politischen Klasse muss man sich heute nicht nur durch Friedfertigkeit in den Weg stellen. Subversion anstelle der üblichen Intervention ist auch ein ausgewiesenes Konzept der [MATRIX].

Aber Vorsicht, wir sind ja jetzt schon wieder soweit, dass nur die Absicht, eine kriminelle Vereinigung mit der Absicht, einen terroristischen Anschlag planen zu wollen, strafbewehrt ist. Allumfassender kann man Straftatbestände nicht an den Haaren herbeiziehen (§129 StGB usw.). Ein Rohrschach Test ist ein vergleichsweise solides empirisches Verfahren.

„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten? Sie fliehen vorbei wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen mit Pulver und Blei, die Gedanken sind frei.“ Der Text von Hoffmann von Fallersleben reicht mindestens bis Walter von der Vogelweide zurück. Achthundert Jahre Kampf um Menschenrechte werden innerhalb eines Jahrzehnts zur Disposition gestellt. Al Kaida hatte einen demokratieerodierenden Langzeiterfolg in der westlichen Welt, den diese Burschen sich in ihren kühnsten Träumen aus tausendundeiner Nacht nicht haben ausmalen können.

Das mli würde geradezu ideal in das Raster der Rasterfahnder und elektronischen Schnüffler passen, als Waldbande vom Tete de la Behouille, am Ende der Welt hinter hohen Hecken, nur unser vorangeschrittenes Lebensalter passt nicht richtig ins Raster. Wenn es mit der Rechtsabschneiderei so weitergeht, tröstet bald auch der schönste Garten nicht mehr. J.M.R. Lenz, der damals ganz hier in der Nähe im Steintal beim Pastor Oberlin (ein strenger pietistischer Sozialpionier seiner Epoche) zu Gast war, Kotzbue, Schloß Hambach und der Vormärz lassen grüßen. Heute heißen sie Rizwaan Sabir, Hicham Yezza von der Uni Nottingham in England, Zitouni und Adlène Hicheur und die Tarnac 9 aus Frankreich und Andrej Holm aus Berlin. Holm hat nicht wie die anderen Wissenschaftlicher einen islamisch klingenden Namen, sondern hat nur etwas über Gentrifizierung geforscht und zack war er im Raster der Terrorismusfahnder und saß in U-Haft.

„Die europäische Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedsstaaten gemeinsam.“ Wenn der Abbau der Freiheitsrechte in Europa in dem Tempo weitergeht, wie von Trojanow und Zeh und anderen beschrieben, dann wird auch der friedlichste Garten und Park vom Locus amoenus in einen Locus terribilis verwandelt. Wie schrieb ich oben: Der Garten ist immer nur ein projektiv miniaturisiertes Abbild der Welt, die ihn umgibt. Deshalb bin ich über den jetzt entdeckten „Bundestrojaner“ nur mässig überrascht. Er stellt nur die Spitze des Eisberges der verfassungswidrigen und damit kriminellen staatlichen Schnüffelei dar, das wird sich noch handfest (be-)erweisen.

Vom individuellen zum öffentlichen Locus amoenus oder vom Mikro- zum Makrokosmos
Im Zusammenhang mit Politik und dem Locus amoenus gilt es insbesondere, an die Erweiterung und Ankoppelung des individuellen Locus amoenus zum öffentlichen Locus amoenus, als Anschluss an das öffentliche und urbanisierte Territorium zu denken. Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung kommen dann ins Blickfeld und die häufig atemlose Geschwindigkeit und/oder Konzeptionslosigkeit der öffentlichen Planungsprozesse in der heutigen Zeit. Grund sind die rasante Landflucht und die damit einhergehende exponentiell beschleunigte Urbanisierung sowie die Einwohner- und Flächenexplosion der Megacities.
Seit der Antike wurde der Locus amoenus im urbanisierten Raum der frühen Stadtstaaten durch das triadische Ensemble von Agora (der Fest-, Markt- oder Versammlungsplatz, die Piazza), das Stadion und das Theater definiert. In den Renaissancestädten des Mittelalters ist das Stadtensemble noch ein landschaftlich eingebundenes Stadtbild. Die formvollendete Mustersprache seiner Gesamtheit ist noch wohlgestalteter als einzelne hervorragende Gebäude. Die Stadtplanung der Renaissance beherzigte noch den „Goldenen Schnitt“ der Gestaltpsychologie: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.
Im Konkurrenzdruck um die kompetenzharten Leistungseliten der heutigen Skyline-Metropolen ist der Eifelturmeffekt eines markanten Einzelgebäudes wichtiger als das Stadtensemble, die Gestaltgrundregel wird reziprok pervertiert: Einzelne markante Gebäude bestimmen die Wiedererkennbarkeit der ganzen Stadt oder das einzelne markante Gebäude ist „mehr“ als die Summe der ganze Stadt(teile).
In der Renaisscance war das Stadtbild noch nicht zur glitzernden Skyline der Oil-City des hemmungslosen Konsumkapitalismus geronnen, der in seiner ebenso verführerischen wie falschen Leuchtkraft die Sterne verblassen ließ und als einzigen und letzten Kontext die schwarze und kalte Leere des Kosmos über sich duldet.
Die Zersiedelung in den gesichtslosen anorganischen Zwischenstadtbereichen als City-Rough der allmendefreien öffentlichen Habitate metastasiert dann zu den Loci terribili des modernen urbanisierten Raums, seine mosaike, patchworkartige und fraktalfreie Flächenstrukturierung wird zur „gelungenen“ Favelaisierung in der Arrival City. (Ab-)Wasser, Energie und weitere öffentliche Infrastruktur sind nicht (oder nur rudimentär) vorhanden und werden häufig von kleinkriminellen Gangs oder organisierten Kartellen organisiert und kontrolliert. Statt blauem Himmel, grünem Park und klaren Bachläufen multiplizieren sich ätzender Smog, glitschige Müll- und Schlammpfade, von Kloaken durchfurcht, zu einem realen Höllenhabitat in den Megaagglomarationen. Dies sind allzu häufig allmende-, agora-, theater- und stadionfreie Schattenzonen abseits der glitzernden Oil-City. Aber, in den Arrival Cities werden wegen der ungebremsten Zuwachsdynamik und Ausdehnung die Weichen der Zukunft gestellt, dass werden die Wall Street und andere Boulevards der „Gesellschaft des Spektakels“ noch schmerzlich begreifen müssen.

Um diese kommenden Aufstände für die Gesellschaften des Spektakels kontrollierbar zu halten, rüsten die elektronischen Parkwächter klammheimlich auf. „Reziprokes Public Viewing“ könnte wohl ein treffender Fachterminus sein. Der ehemalige Staatskonzern „Horch und Guck“ war mit seinen Mitteln und Methoden eine zwar rüde, aber vergleichsweise technisch unzulängliche Bastelgruppe. Zur Illustration sei nur der alte Witz vom Spätnachmittag des kalten Krieges zitiert: „Warum war der Brustkasten von Breschnew so breit?“ „Weil sein Herzschrittmacher von Robotron war.“

Psychogeographie als flanierendes Umherschweifen zwischen Locus amoenus und Locus terribilis
Wenn es um die tiefenstrukturelle Begehung der äußeren und inneren Räume geht, sind zwei Methoden erwähnenswert. Zum einen die Psychogeographie, die von Guy Debord und Constant Nieuwenhuys im Rahmen der Situationistischen Internationale (SI) Ende der 50er entwickelt wurde und die Spaziergangswissenschaft, die Strollogy, von Lucius Burckhardt. Beide Verfahren spielen im Rahmen der [MATRIX] eine wesentliche Rolle zur Prozesssteurung des explorativen Interviews und für die Hypothesenbildungsprozesse des [MATRIX]ographen als partizipativ luzider Interviewsteuerer.

Der Existentialismus und die lettristische Internationale hatten als Vorläufer der SI eine diffsue Theorie der «Kritik des Alltagslebens» und der «Entfremdung des Individuums» entwickelt. Deshalb sah die SI als entscheidende Aufgabenstellung die Amalgamierung der bis dahin fein säuberlich getrennten Sphären von Leben, Kunst und Revolution zu einem in sich konsisteten Modell.
Ein zentrales Vorgehen war die Psychogeographie mit der Methode des «dérive, des Umherschweifens». „Erforschung der genauen unmittelbaren Wirkungen, seien sie bewusst gestaltet oder nicht, des geographischen Milieus auf das emotionale Verhalten der Individuen.“
Durch umherschweifendes Flanieren im Pariser Minuit in einem Zustand einer luziden Aufmerksamkeit und den flüchtigen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen aus aller Herren Länder und ihren Weltenwürfen wurde eine urbane Anthropologie entwickelt.
Durch das „dérive“ wird, wie schon bei anderen Verfahren im Rahmen des Dadaismus, des Surrealismus und der Beat-Generation (der ècriture automatique, der häretischen Symbolbildung, des Cut-Up und des Remix) versucht, bewusste und unbewusste Mustersprachen neu zu konfigurieren.

„Das Konzept des Umherschweifens ist untrennbar verbunden mit der Erkundung von Wirkungen psychogeographischer Natur und der Behauptung eines konstruktiven Spielverhaltens, was es in jeder Hinsicht den klassichen Begriffen der Reise und des Spaziergangs entgegenstellt.“

William S. Burroughs beschreibt diese primär prozesshaft basierten Ekstasen in seinem Roman „Naked Lunch“.
Davon waren auch die späteren „umherschweifenden Haschrebellen“ beeinflusst, die durch den chemischen Brandbeschleuniger Cannabis eine Neumusterkonfiguration der Tiefenstruktur ihrer Mustersprache anstrebten. Erst als Kiffen zum jugendlichen Breitensport auf Partys verkam, verebbten diese Übungen in der läppischen Heiterkeit.
In seinem Roman „Der Würfler“ ersetzt Luc Rhinehard die Droge durch einen mathematischen Algorythmus in Form eines perfiden Würfelspiel. Durch den stochastischen Trial und (T)Error des Würfels werden neue Verhaltensweisen nicht nur etabliert, sondern in Analogie zum Grundvertrag in der psychoanalytischen Behandlung frei assoziierend erzwungen. Die Protagonisten des Romans, die sich auf diese Würfelei einlassen, trotzen durch die Grillen des Zufalls ihren Biographien völlig unerwartete, unvernünftige oder zerstörerische Wendungen mit fatalen Konsequenzen ab. Das Cut-up oder Remix nimmt hier nicht mehr den diskursiven Umweg über Kontexte, Räume, Begegnungen oder Kunst, sondern wird direkt als Feedforward in die biographische Steuerung vorausgekoppelt, wenn auch nur im Roman.
Bei der Promenadologie von Lucius Burckhardt geht es nicht mehr „nur“ um die lucide Begehung eines öffentlichen (Ballungs-)Raumes, sondern um die Ankopplung an den nächstgrößeren Kontext, die Einbettung der Stadt in die Landschaft. Mit Rekurs auf Rousseaus „Träumereien eines einsamen Spaziergängers“, oder Stifters „Nachsommer“ werden die Spannungsverhältnisse zwischen Natur, Landschaft, Industrialisierung und politischer Entwicklung fokussiert; es geht um die (Ent-)Ideologisierung der Landschaft (z.B. der deutsche Wald) und die Politisierung der Natur.
Wie sich diese Spannungsverhältnisse bahnbrechen, hat in den 70er Jahren Jörg Müller in seinen spursichernden Illustrationen – in einer Art Bilderbuchtafeln für Erwachsene - von der Verwandlung der Landschaft protokolliert. In der Rückschau muten Müllers Illustrationen fast wie idyllische, kindlich naive Späße zur Sandkastenasphaltierung an. Natürlich finden diese destruktiven Umwälzungen von Loci amoeni zu Loci terribili heute im globalen Maßstab statt. Werden diese Zerstörungen mathematisiert, ergibt sich daraus das Konzept des ökologischen Fußabdrucks wie es von Wackernagel und Rees entwickelt wurde.
Bei Lucius Burckhardt entwickelte sich die Spaziergangswissenschaft zu einer aufmerksamen Neuentdeckung der (Um-)Welt und einer frühen Beschreibung in der Terminologie von Ökosystemen, also „eines Systems von Naturkräften, die sich, wenn im Gleichgewicht, nachhaltig und selbstständig regenerieren.“
Burckhardt beschreibt die Relation von Landschaft und Betrachter. Er fokussiert sowohl nach außen in die Landschaft, als auch nach innen in die Köpfe und Biographien der Betrachter. „Gemessen werden diese Betrachtungen am Ideal (des Locus amoenus) des lieblichen Ortes, wie er durch Malerei und Literatur seit Homer und Horaz über Claude de Lorraine, die Romantiker und schließlich die Prospekte unserer Fremdenorte und Zigarettenreklamen vermittelt ist.“
Die biographische Dimension der Wahrnehmung „des lieblichen Ortes besteht in einem Wiederfinden der eigenen Jugend, Eindrücken aus dem Elternhaus, dem Lesebuch, Erzählungen älterer Leute, Bilder an den Wänden des Klassenzimmers oder Schulzimmers, Vorstellungen zu gelesenen Lieblingsbüchern. Niemand von uns kann sich in die geschaute Umwelt eines anderen versetzen. Doch herrscht große Gemeinsamkeit: zur Ferienzeit zieht männiglich ins Gebirge, an die Seen, ans Meer; so dass also dieser individuellen Verschiedenheit eine kollektive Einheit übergeordnet sein muss, die wir als Kultur bezeichnen. Diese Kultur wäre also so etwas wie das kollektive Gedächtnis dessen, was wir als liebliche Orte bezeichnen.“
Wie schon mehrfach angedeutet, ist die politische (Neu-)Bewertung des Locus amoenus dringendst geboten. Debord schrieb schon 1967: „Das ganze Leben der Gesellschaften, in welchen die modenen Produktionsbedingungen herrschen, erscheint als ungeheure Ansammlung von Spektakeln. Alles was unmittelbar erlebt wurde, ist in eine Vorstellung entwichen. Die Bilder, die sich von jedem Aspekt des Lebens abgetrennt haben, verschmelzen in einem gemeinsamen Lauf, in dem die Einheit dieses Lebens nicht wieder hergestellt werden kann. ... Das Spektakel überhaupt ist, als konkrete Verkehrung des Lebens, die eigentliche Bewegung des Unlebendigen.“

Kombiniert man das Umherschweifen mit der Spaziergangswissenschft erhält man als ein Ergebnis das mli Brand HISTORIOdrama.

Die Schockstrategie
Im gleichnamigen Buch von Naomi Klein beschreibt die Autorin anhand von exzellent recherchierten Beispielen und Quellen die Strategien der Neokons von Milton Friedman und seinen Chicago Boys. Angefangen mit dem faschistischen Rollback von Pinochet in Chile über die Afghanistan- und Irak- Kriege, Nine Eleven in New York und den Schinderhütten von Abu Gureib bis zu den letzten Naturkatastrophen im asiatischen Raum (durch den Tsunami) und den Hurrikane Kathrina in New Orleans legt sie die Vorgehensweisen von Milton Friedmans  „Shock und Awe Doktrin“ dar.

Die typischen Forderungen der freien Marktwirtschaft - Privatisierung, Deregulierung und tiefe Einschnitte bei den Sozialausgaben -  sind die drei Säulen der Neokons. Ergänzt werden die „legalen“ Vorgehensweisen bei Bedarf durch systematische Folter, Terror und Vergewaltigung mit dem entsprechenden Militärapparat oder in den demokratischen Staaten durch die entsprechende digitale Schnüffelei und Stärkung der Polizei und (Geheim-)Dienste.

Am Beispiel von New Orleans wird das „Gletschertempo, mit dem die Dämme repariert und die Stromleitungen wieder in Gang gebracht wurden, mit der Geschwindigkeit und militärischen Eile und Präzision verglichen, mit dem das Schul- und BIldungssystem verauktioniert wurde.“ Es war eine „pädagogische Enteignung“ des ganz bewussten und gezielten „Katastrophen-Kapitalismus“. Es wird auf eine große Krise oder einen Schock gewartet, um dann den Staat an private Interessenten zu verfüttern, solange die Bürger sich noch vom 

Schock erholen. Milton Friedmans Credo: „Nur eine Krise - eine tatsächliche oder empfundene - führt zu echtem Wandel. Wenn es zu einer solchen Krise kommt, hängt das weitere Vorgehen von den Ideen ab, die in Umlauf sind. Das ist meiner Meinung nach unsere Hauptfunktion: Alternativen zur bestehenden Politik zu entwickeln, sie am Leben und verfügbar zu halten bis das politisch Unmögliche politisch unvermeidbar wird.“ Manche Menschen bereiten sich auf kommendes Unheil vor, indem sie Konserven und Trinkwasser horten, Friemann-Anhänger bevorraten Konzepte der „freien“ Marktwirtschaft.

„Kurz gesagt: Friedmans Wirtschaftsmodell lässt sich zum Teil demokratisch durchsetzen, die Implementierung der Vollversion bedarf aber autoritärer Verhältnisse. Angst und Chaos sind die Katalysatoren für jeden großen Sprung nach vorn, das war von Anfang an der Modus Operandi von Friedmann und seinen Anhängern. Gibt es keine natürlichen Krisen oder Katastrophen, werden sie durch Umsturz oder Krieg herbeigeführt. Ein paar der infamsten Menschenrechtsverletzungen der letzten dreißig Jahre, die man meist als sadistische Taten antidemokratischer Regime betrachtete, wurden in Wirklichkeit mit der vollen Absicht begangen, entweder die Öffentlichkeit zu terrorisieren oder aktiv der Einführung radikal marktwirtschaftlicher «Reformen» den Boden zu bereiten.“

Banken besetzen
Gott sei Dank beginnen - trotz Wirtschaftswährungs- und Bankenkrise und des ungehemmten Treibens der Neokons und des Turbo- und Katastrophen-Kapitalismus - mehr und mehr Leute zu begreifen, was wirklich gespielt wird, warum die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden und warum der Mittelstand dazwischen zerrieben wird. Auch wird verstanden, dass eine individuelle Ab- und Gegenwehr gegen dieses Treiben wenig nützt. Die unfähige Politik hat aber auch verstanden, wenn es zum großen Crash kommt, wird dieser Schock sich nicht zu einem weiteren neokonservativen Umbau nutzen lassen, sondern diese Krise würde zum Rohrkrepierer der bestehenden politischen und wirtschaftlichen Systeme. Der rasante Aufstieg der Piratenpartei und die Anschläge auf die Bahn sind weitere kleine Indizien für die steigende Volkswut. Das macht der politischen Klasse eine Heidenangst. Darum versuchen sie, sich - natürlich mit dem Geld der Bürger - Zeit zur Systemverlängerung zu kaufen. Staatlich organisierte Insolvenzverschleppung durch das billige Geld der Zentralbanken wäre eine andere Beschreibung der aktuellen ökonomischen Drift. Individuelle Kaufleute oder juristische Personen, die so vorgehen, kommen dafür in den Knast, wenn sie erwischt werden, weil sie damit ein Strafdelikt (§ 15 InsO) ausgeführt haben.

Daraus kann nur folgen, dass es den großen Schock und Crash geben muss (was kein Finanzfachmann bestreitet, dass es so kommen wird), weil es getreu der Friedmanschen Schockdoktrin des Schocks zum radikalen gesellschaftlichen Umbau bedarf, nur dieses Mal wieder mit umgekehrten Vorzeichen. Bei den französischen und russischen Revolutionen war es genau so. Die jeweils Herrschenden müssen es nur hinreichend doll (über-)treiben. Im Jahr vor der französischen Revolution soll Marie-Antoinette auf die Vorhaltung, die Armen könnten sich kein Brot kaufen, geantwortet haben: „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie Brioche [Kuchen] essen.“ Das war ihre Fahrkarte aufs Schafott. U.a. Jean Jacques Rousseau kolportierte dieses Gerücht, das man heute für eine Tatsache hält.

Occupy Wallstreet, Occupy Frankfurt sind Bewegungen, bei denen 99 Prozent der Bevölkerung, "nicht länger die Gier, Korruption und Psychopathie von einem Prozent der Bevölkerung hinnehmen wird". Das gibt Hoffnung und gute Aussichten?

Ps.: Was die sogenannten ‘Investoren‘ häufig in Komplizenschaft mit der lokalen Politik in den letzten Jahrzehnten in den (deutschen) Innenstädten durch Einkaufszentren und Shopping-Malls an Stadt- und Einzelhandelszerstörung angerichtet haben, geht auf keine Kuhhaut. Auch in meiner Heimatstadt ist eine phantasiebefreite Politclique, die sich aus den etablierten Parteien einschließlich der Grünen rekrutiert dabei der Stadt den allerletzten Rest zuverpassen.

Wen dieses Trauerspiel interessiert, wird hier über diese weitere Einrichtung eines städischen Locus terribilis informiert:
zukunft-plettenberg.de
Auch in Plettenberg fliessen, wie ganz zu Anfang dieses Textes im Zitat der Small Faces die Tränen. Nur in Plettenberg fliessen keine Tränen der Verzückung über den Locus amoenus, sondern da sind es Tränen der Trauer und des Zornes über die politisch gewollte und organisierte Zerstörung der Altstadt. Das ist in der Tat zum Weinen.

Literatur:
Baumeister, Biene, Negator, Zwi (2007): Situationistische Revolutionstheorie. Eine Aneignung. Stuttgart. Schmetterling.
Benjamin, Walter (2007): Aura und Reflexion. Schriften zur Kunsttheorie und Ästhetik. Frankfurt. Suhrkamp.
Burckhardt, Lucius (1980): Warum ist die Landschaft so schön? Die Spaziergangswissenschaft. Kassel. M. Schmitz Verlag.
Debord, Guy (1996): Die Gesellschaft des Spektakels. Berlin. Tiamat.
Dürr, Hans Peter (1984): Traumzeit. Über die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation. Frankfurt. Suhrkamp.
Franck, Georg (2011): Die urbane Allmende. Zur Herausforderung der Baukultur durch die nachhaltige Stadt. in Merkur 746.
Ford, Simon (2007): Die Situationistische Internationale. Eine Gebrauchsanleitung. Hamburg. Nautilus.
Gelbke, Rudolph (1962): Fahrten in den Weltinnenraum der Seele. Antaios 3, 393-411. Hrsg.: Mircea Eliade u. Ernst Jünger.
Klein, Naomi (2007): Die Schock Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus. Frankfurt. Fischer.
Müller, Jörg (1976): Alle Jahre wieder saust der Presslufthammer nieder oder die Veränderung der Landschaft. Aarau. Sauerländer.
Müller, Jörg (1976): Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn oder die Veränderung der Stadt. Aarau. Sauerländer.
Nabokov, Vladimir (1966): Erinnerung, sprich. Wiedersehen mit einer Autobiographie. Hamburg. Rowohlt.
Nolde, Emil (2009): Mein Garten voller Blumen. Köln. Dumont.
Saunders, Doug (2011). Arrival Ciity. München. Blessing.
Simon, Ford (2006): Die Situationistische Internationale. Eine Gebrauchsanleitung. Hamburg. Nautilus.
Unsichtbares Komitee (2010): Der kommende Aufstand. Hamburg. Nautilus Flugschrift.
Zeh, Juli; Trojanow Ilija (2010): Angriff auf die Freiheit. Überwachungsstaat und der Abbau der bürgerlichen Rechte. München. dtv.


Filme:

Cronenberg, David (1997): Naked Lunch . Nackter Rausch. Kanada, UK.
Garrone, Matteo (2008): Gomorrha – Reise in das Reich der Camorrha. Italien.
Hershman, Joel (2000): Greenfingers - harte Jungs und zarte Triebe. GB. USA.
Spielberg, Steven (2002): Minority Report. USA.
Neher Marita, Bökamp Nils (2011): Freiheit oder Sicherheit. Der Antiterrorkampf. BRD, ZDF & arte.
Penn, Sean (2007): Into the Wild. USA.

 Oktober 2011