Zur Stimmanalyse III, Wissenschafts- Wissens- und Kompetenzfelder zur Stimmanalyse
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Wissenschafts- Wissens- und Kompetenzfelder zur Stimmanalyse
Ein uferloses System
8/2025 V.1.6 ©PWGester
Wenn die Stimme nun das zentrale (Miss-)Verständigungs-, Streit- und Ausdrucks-, Warn- und Welterschließungsorgan des Menschen ist, stellt sich die Frage, welche Wissens-, Wissenschafts-, Praxis-, Theorie- und Kompetenzfelder zu einer beschreibenden, analysierenden und diagnostizierenden Beschreibung der Stimme und damit der Stimmanalyse herangezogen werden können.
Bei dieser Fragestellung wird relativ schnell klar, dass man in uferlose Gewässer geraten ist, die ein Mensch in (s)einem kurzen Menschenleben nicht annähernd und schon gar nicht vollständig erfassen oder gar beherrschen könnte. Denn wenn die Stimme nun das zentrale (zwischen-)menschliche Welterschließungsorgan ist, weil sie eben mit dem Menschen in vielfältigsten Weltumgebungen Bedeutungen vermittelt und überträgt, dann folgt daraus, dass eben auch die unterschiedlichsten Wissens-, Wissenschafts- und Kompetenzbereiche Beiträge, die diese Vielfältigkeit der Welt abbilden logischerweise auch das Phänomen der Stimme berühren und zu ihrer Analyse beitragen.
Ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit soll hier gleichwohl der Versuch unternommen werden, diese Bereiche etwas genauer zu erfassen.
Dabei kann man zuerst die Welt- und Lebensbereiche sammeln, auf die sich Stimme beziehen kann:
• die Person
• die Biographie,
• den Körper
• die Medizin
• Krankheiten
• das Nervensystem
• das Gehirn
• das Hormonsystem
• die Stimme selbst
• die Sprache
• die Familie oder das Nahsystem
• die Musik
• die Natur
• die Umwelt
• die Landschaft
• die Flora und Fauna
• den Raum
• die Architektur
• die Gesellschaft
• die Technik
• die Kunst, Kultur, Dichtung
u.v.a.m.
Damit sind dann aber nur allerlei (Lebens-)Weltbereiche erfasst und diese sind dann noch nicht Wissens-, Wissenschafts-, Praxis-, Theorie- und Kompetenzfeldern zugeordnet. Das soll im nun folgenden Schritt etwas detaillierter versucht werden, jeweils auf Theorie, Forschung, Praxis, Erfahrung und Anwendung bezogen.
Es sollte auch klar sein, dass man bestimmte Gebiete aus den Perspektiven der unterschiedlichen Wissensfelder mehrfach nennen und mit jeweils anderen Aspekten beschreiben kann. Zu Beispiel kann man das Feld der Körperresonanzräume einmal rein anatomisch definieren, dann aber um Aspekte eines sprachlichen und musikalischen Verständnisses von Resonanzräumen erweitern und schließlich am Beispiel von politischen Echokammern auf gesellschaftspolitische Ebenen ausdehnen.
Anbei die Wissenschafts- Wissen- und Kompetenzfelder in der alphabetischen Reihenfolge ihrer thematischen Überschriften (ohne Anspruch auf irgendeine Vollständigkeit).
Anthropologie
Mensch als sprechendes Wesen (oder Tier)
Mind & Nature
Sprache, Gesang, Kultur, Krieg, gesellschaftliche Organisation
Ethnomusikologie
Architektur
Sakrale, säkulare Musikräume
Konzerthaus-, Konzertraum, Konzertsaal Gestaltung
Open Air Veranstaltungen
Elektronik & Technik
Elektro-mechanische Aufnahme- und Reproduktionsmaschinen und -systeme
Stereo, HiFi oder High-End Anlagen
Mobile HiFi, Kopfhörer, Car HiFi
Schaltungstechnik, -design
Analoge versus digitale Technik
Tonmeisterei
Studio Technik, Studio Organisation
Aufnahme Technik, Mikrophon Techniken
Speicher Techniken
Schellack, Schallplatte, Tonband, Kassette, CD, Digitale Formate:
Misch(pult)techniken
Digitale Kodierungsnormen
OCM, DSD, High-Res, MPS3, Flac, Wav, MQA, Bittiefe
Übertragungstechnik
Nieder- und Hochfrequenztechnik
Produktions- Vervielfältigungstechnik
Veranstaltungstechnik
Darstellungs- und Analysesysteme von
Schall, Ton, Stimme, Melodie & Gesang
Ingenieurwissenschaften
Technisches Sounddesign
(Ultra-)Schall Testung in der Werkstoff- und Komponenten Prüfung
Jura
Vertragsrecht
Urheberrecht
Eigentumsrecht
Verwertungsrecht
Lizenzrecht
Aufführungsrecht
Copyright
Plagiat
GEMA
Verträge, Vergütungen
Kriminologie
Herkunft von Stimmen
(deutscher) Sprach-, Dialektatlas
Wiedererkennung von Stimmen
Gerichtsfeste Stimm- und Personenidentifikation
Maschinengestützte Stimmidentifikation
Stimmliche Risikoabschätzungen bei Risikolagen
Kunst & Kultur
Ästhetik
Malerei, Skulptur, Symbolisation
Schauspiel
Tanz, Ballet
Theater, Film
Installation, Performance, Happening, Fluxus,
Festival & Event-Programmatik, -Organisation
Medien
Medientheorie
Propagandatheorien
Vertriebskonzepte
Träger-, Verbreitungssysteme
Marketing
Musikindustrie
Medien Unternehmen
Internet
Natur
Mind & Nature
Naturgeräusche
Tierstimmen
Akustische Umwelt
Akustik im Jahreswandel
Medizin
Anatomie
Physiologie
Neurologie
Neuroanatomie
Kopf- & Wahrnehmungsorgane
Atem, Atemlehren
Körperresonanzräume
Diaphragmenkette
Bauchraum & Mikrobiom
Stimmphysiologie
Phonetik
Pharmaka & Drogen
Anamnesen
Musik
Historische Entwicklungen, Genres, Stilrichtungen,
Gesang, Gesangausbildung, Stimmmodelle und -bildung
Instrumentenkunde, Instrumentenarten, -familien
Instrumentenbau
Aufführungspraxis
Kompositions-, Improvisationslehren
Melodie, Harmonie(lehre)
Tonsysteme
Takt, Rhythmus, Timing
Ensembles vom Duo bis zum Symphonie Orchester
Musiktherapie
Stimmsysteme, Kammerton
Grundtöne, Obertöne, Untertöne
Kosmologie
Resonanz
Philosophie
Philosophische Musik-, Sprach- und Stimmmodelle
Psychologie
Persönlichkeits- und Neurose- Nosologie-Modelle
Biographie Epochen von Musikstilen
Biographische Höranamnese
Neuropsychologie
Psychoneuroimmunologie
Pränatalität
Sprache
Relaxationsmodelle
Sublingualität
Emotions-, Dezisions-, Attributionstheorien
Ekstase, Peak-Erlebnisse
Paraverbale Modelle, FACS-System
Physik
Akustik
Raumakustik
Gase & Luft
Hören & Psychoakustik
Schall, Ton, Klang, Sound
Hyperschall, Ultraschall, Infraschall
Psychoakustik
Frequenz
Geräusche, Geräuschkunde, -herstellung
Politik
Kultur- und gesellschaftspolitische Bedeutung von Stimme & Musik
Ideologie, kritische & politische Funktion von Stimme & Musik
Rhetorik, Stimme Dramaturgie und Massenmanipulation
Religion
Kirchenmusik
Spiritualität
Religiöse Musikformen
Soziologie
Soziologische Modelle zur Musik
Gesellschaftspolitik
Musiksoziologie
Publikumsforschung
Sprechen & Linguistik
Sprachentwicklungstheorien
Stimmbildung
Sprecherziehung, Sprecherschulung
Sprachheilkunde, Logopädie
Sprachheiltherapie
Rhetorik
Streaming
Streaming Plattformen, Codierungsformate
Jitter Probleme in all ihrer audiotoxischen Vielfältigkeit
Digitale Netzwerke
Sound Studies
Ordnung der Klänge
Klangdesign
Informationstheorie
Information, Noise, Rauschen
Akustische Umweltverschmutzung, Lärm
Schlussfolgerungen
Es dürfte klar geworden sein, dass diese vielfältigen Bereiche, von denen eine einzelne Person je nach ihren Aus- und Weiterbildungs-, Anwendungs-, Kompetenz-, Forschungs- und Erfahrungsfeldern nur jeweils den kleinsten Teil seriös beherrschen dürfte, dafür natürlich ohne Probleme munter weiter ausgeweitet werden könnte. Es wären mehrere Leben nacheinander für eine Person notwendig, wenn sich eine Person auf vielen Gebieten kompetent auskennen und auch seriöse Weiterbildungen, Praxiserfahrung und Abschlüsse nachweisen wollte. Und diese Ausweitung der Lebenszeit ist einstweilen Gott sei Dank oder auch leider noch nicht möglich.
Ergo sollte einem bei der Beschäftigung mit der Stimme und insbesondere der Stimmanalyse immer bewusst bleiben, das man von festem Grund sehr schnell sozusagen urplötzlich beim nächsten Schritt in uferlose und unsichere Gewässer gelangen kann, in denen das Risiko für Gefahren, Fehler und Fehltritte exponentiell ansteigen.
Dabei gilt es nun nicht durch Bluffen und Kompetenz vorzuspiegeln, wo keine ist oder auch nie vorhanden war, sondern sich der Uferlosigkeit, der man gegenübersteht, völlig bewusst zu sein. Aber gerade deshalb sich auch vorsichtig, beherrscht und mutig weiter voranwagen und die uferlosen Felder weiter achtsam zu erkunden.
Es versteht sich auch von selbst, wenn man auf Grund der schwachen Signale, die man in einer Stimme wahrzunehmen meint und die eben in ihren Schlussfolgerungen nicht zu schwachen, sondern ausgesprochen weitreichenden Hypothesen und Schlussfolgerungen führen würden, dass diese Hypothesen zunächst immer wieder mit einer Kontext, Ziel- und Auftragsklärung abzugleichen sind, damit man keine schwach begründeten Aussagen von größerer Bedeutungsschwere vom Stapel lässt, die entweder gar nicht gewünscht und/oder deren angemessene Besprechung in einem bestimmten Setting oder Kontext keine hinreichende Berücksichtigung finden können.
Stimmanalysen sind keine Party Unterhaltung und Small Talk Themen, sondern seriöse, klinisch gestützte Persönlichkeits-, Biographie- und Kontextanalysen und so sollten sie auch gehandhabt und angewandt werden.
Der Stimmanalytiker sollte eben nicht nur ein Stimmanalytiker, sondern eben immer auch ein langjährig sehr erfahrener Psychotherapeut und Kliniker sein, der sich der Fragestellungen und Folgen bei der Arbeit mit der „Präzision des Ungefähren“ bewusst ist und sich damit auskennt.