Die Klangbiographie im Unterschied zur Musikbiographie. Zur Stimmanalyse II

Mithören  Zuhören  Anhören  Hinhören  Reinhören  Durchhören  Nachhören  Verhören Überhören  Weghören

Wie der Analysierte alles mitteilen soll, was er in seiner Selbstbeobachtung erhascht, mit Hintanstellung aller logischen und affektiven Einwendungen, die ihn bewegen wollen, eine Auswahl zu treffen, so soll sich der Arzt in den Stand setzen, alles ihm Mitgeteilte für die Zwecke der Deutung, der Erkennung des verborgenen Unbewussten zu verwerten, ohne die vom Kranken aufgegeben Auswahl durch eigene Zensur zu ersetzen, in eine Formel gefasst: Er soll dem gebenden Unbewussten des Kranken sein eigenes Unbewusstes als empfangendes Organ zuwenden, sich auf den Analysierenden einstellen wie der Receiver des Telefons zum Teller eingestellt ist. Wie der Receiver die von Schallwellen angeregten elektrischen Schwankungen der Leitung wieder in Schallwellen verwandelt, so ist das Unbewusste des Arztes befähigt, aus den ihm mitgeteilten Abkömmlingen des Unbewussten dieses Unbewusste, welches die Einfälle des Kranken determiniert hat, wiederherzustellen.
Sigmund Freud
Schriften zur Behandlungstechnik (1912)
 

Einleitung
Haus-, Industrie- und Charakterstruktur als Klangsignatur führen zur Klangbiographie
Im theorie- und biographiebasierten Grundlagenbuch zum [MATRIX]-Modell von 2013 Schritte auf dem Weg zu einer Präzision des Ungefähren wird ein Vielklang struktureller Zusammenhänge in der Biographie von Peter-W. Gester (PWG) hergestellt mit

  • der Vier-Täler-Stadt Plettenberg im märkischen Sauerland als Heimatstadt
  • PWG's Identität als einer der letzten echten lebendigen Müllerssöhne
  • der Dunkelschen Mühle als seinem Elternhaus und dessen Nahfeld, sowie
  • dessen Soundstruktur durch die örtlichen Industrieschmieden in den 1950er Jahren
  • der tiefenstrukturellen Bedeutung des Schmiedehandwerks
  • dem Konzept des „unbezahlbaren Hauses“
  • einem biographischen Epochenmodell
  • entscheidbaren u. unentscheidbaren Fragen
  • der Stimmanalyse
  • der Verbindung all dieser Mannigfaltigkeiten durch Oberflächen- und Tiefenstrukturen
  • und weiteren Konzepten

Diese Konzepte stecken ein weites Feld ab und sind zunächst in einen sinn- und übersichtsstiftenden Zusammenhang zu bringen, um dann im nächsten Zug diese Zusammenhangsstiftung noch um die Perspektive Klänge und Klangsignaturen zur Klangbiographie zu erweitern
Denn im Schritte… Buch von 2013 spielten die Begriffe „Klang, Klangsignatur, Klangstruktur“ nur eine sehr beiläufige Rolle. Der Begriff der „Klangbiographie“ findet keinerlei Erwähnung.

Sinn und Zweck dieses Artikels
In diesem Artikel sollen nun die vorherigen Begriffe aufgegriffen, kurz dargestellt und dann um die Bereiche von „Klang, Klangsignatur, Klangstruktur“ ergänzt werden, die dann zum Begriff der Klangbiographie in Überschneidung mit und in Unterscheidung von der passiven oder aktiven Musikbiographie erweitert werden. Was dann zum Konzept einer „Klangbiographie“ führt.
Am Beispiel der sieben „unbezahlbaren Häuser“ mit denen PWG es in seiner Biographie zu tun hatte, sollen dann deren dazugehörige „unbezahlbare Soundsignaturen“ beschrieben werden und welche Bedeutung „unbezahlbare Soundsignatur“ für die Gehörentwicklung von PWG hatten und welche Bedeutung kontextuelle Klangsignaturen für die Entwicklung einer Biographie und der Ich-Entwicklung und Ich-Identität haben (können).

Zeitliche Abfolgen der Entwicklungsepochen
in diesem Artikel könnten Verwirrung stiften, was sie aber nicht sollten, deshalb wird an dieser Stelle explizit darauf hingewiesen:
Zunächst wird ein Abriss der theoretischen Konzepte und Modelle geliefert und dann werden in biographisch, zeitlicher Reihung die sieben „unbezahlbaren Häuser“ und ihre für PWG beeinflussenden bis prägenden Einflüsse und Soundsignaturen an Hand dieser Modelle dargestellt.
Aber diese Konzepte und Modelle und ihre Sinn- und Zusammenhangsstiftung wurden in weiten Teilen natürlich erst viel später entwickelt, als beispielsweise die Begegnung von PWG mit den ersten sechs „unbezahlbaren Häusern“ in seinem Leben. Gleichwohl waren diese Häuser und ihre Soundsignaturen jahrzehntelange un- und vorbewusste Antriebsfedern für die heutigen Konzepte. Die meisten Konzepte entstanden ca. Mitte der 1990er Jahre bis ca. 2012 und wurden dann erstmalig 2013 im Schritte… Buch publiziert.
Nach 2012/13 setzte dann bis ca. 2018 in der VI. Entwicklungsepoche des biographiebasierten [MATRIX]-Beratungsmodells eine intensive Erweiterung der [MATRIX] um gesellschafts- und global-politische Perspektiven ein. Ab 2018-2023 wurde die politische Epoche u.a. durch die Corona Krise in der VII. Entwicklungsepoche des [MATRIX] Modells überblicksstiftend zu den gesellschaftspolitischen Hoch-Risikofeldern als einem von 18 Konzepten in zehn starken Themenfeldern verdichtet und in einer neuen [MATRIX] Navigationstafel überblicksstiftend zusammengefasst.
In der VIII. derzeitigen Epoche der [MATRIX]-Entwicklung wurden die bisherigen Modelle noch einmal um die Dimension der Klänge, Klangsignaturen und der Klangbiographie erweitert.

Diese klangbasierten Konzepte und Modelle werden nun rückwirkend in die biographische Verortung der bisherigen Modelle eingepflegt. Dadurch wird so getan, als wären sie seit der Kindheit und dem Elternhaus von PWG, nämlich seit der Dunkelschen Mühle, schon vorhanden gewesen. Einerseits war das auf der bewussten und konzptualisierenden Ebene der sichtbaren Oberflächenstruktur natürlich nicht der Fall. Andererseits war auf der Ebene der nichtsichtbaren Tiefenstrukturen die Wahrnehmung gerade der klanglichen Phänome nicht nur immer vorhanden, sondern sie waren ein zentraler, lebenslanger „faustischer“ Antrieb und Suchprozess, diese nicht sichtbaren Tiefenstrukturen in konzeptuelle, sichtbare und bewußte Oberflächenstrukturen umzuwandeln.
Daher wendet sich der Artikel zunächst überblickartig den zentralen Konzepten von Oberflächen- und Tiefenstrukturen zu und dann den Konzepten von Lärm, Klang, Klanglandschaften und Soundscapes (in diesem Fall dem märkischen Sauerland) und dann den Klangstrukturen und den nicht-sichtbaren, kulturellen Tiefenstrukturen in den Berufen der Müller und der Schmiede. Damit sind dann die grundlegenden Konzepte umrissen.

Oberflächen- und Tiefenstruktur
Im [MATRIX]-Modell des missing-link-institut geht es um die begriffliche Unterscheidung einer sicht-, hör- und fühlbaren Oberflächenstrutur und einer nicht-sichtbaren, nicht-hörbaren und nicht fühlbaren, aber erspürbaren Tiefenstruktur. Im dritten Kapitel des theoretischen Grundlagenbuchs zum [MATRIX]-Modell von 2013 Schritte auf dem Weg zu einer Präzision des Ungefähren werden diese Fragen u.a. zur Oberflächen- und Tiefenstruktur abgehandelt.
Aber eigentlich handelt die gesamte [MATRIX]-Theorie und damit der „Gestrianismus“ (Konzepte und Modelle von PWG) von den Zusammenhangsstiftungen zwischen der sichtbaren Oberflächen- und den nicht sichtbaren Tiefenstrukturen. 

Um den Wahrnehmung schwacher Signale im mehrfachen Sinn des Wortes auf den Grund zu gehen, werden in den folgenden Kapiteln immer wieder wie mit einer gedanklichen Gummilinse Perspektivwechsel vorgenommen. Einerseits zwischen den wahrnehmbaren, regionalen und lokalen Kontexten der Oberflächenstrukturen und andererseits den nur schwer oder kaum oder nur als schwache Signale und nur mit besonderen stereoskopischen Wahrnehmungsformen erfassbaren Tiefenstrukturen von PWG's Biographie.

„Pornographischer“  Narzismus?
Müller und Schmiede sind zwei der ältesten, handwerklichen Berufe der Menschheit und so gilt es einige wirkmächtige Erkenntniszusammenhänge aufzuklären und in ihren langwelligen, biographieprägenden Mustern darzustellen und insbesondere bezüglich einer Klangbiographie zu dechiffrieren.
Die Kindheit insbesondere bis zum Schuleintritt und der beginnenden Pubertät von PWG war von diesen beiden Berufen und den lebensweltlichen Prägungen durch diese Berufe stark beeinflußt.
Daher geht es dabei nicht, wie schlichte Gemüter vermuten könnten, um eine narzisstische Selbstbeschäftigung von PWG mit PWG oder dessen „pornographische“ Zurschaustellung (B. Han 2012), sondern es geht an Hand seiner biographischen Einblickstiefe um die Darstellung der zusammenhangs- und erklärungsstiftenden Konzepte im Rahmen der ab 1984 entwickelten Stimmanalyse. Denn PWG war nicht nur Augen-, sondern insbesondere auch hellhöriger Ohrenzeuge seiner Biographie. Eines der Konzepte daraus entstandenen Konzepte ist die Klangbiographie.

Klangbiographie und/oder Musikbiographie
Eine Klangbiographie beschreibt in Anlehnung an Murray Schafer's ‘Ordnung der Klänge‘ als einer Kulturgeschichte des Hörens die Soundstrukturen denen eine Person im Laufe ihres Lebens begegnet ist oder auch ausgesetzt war und von der ihre (Ge-)Hörentwicklungen beeinflußt oder gar geprägt waren.
Während in einer Musikbiographie die Talente, die Entwicklung und Ausbildung einer Person bzgl. Musik, Gesang, Instrumentspiel und ggf. auch Komposition, Improvisation und musikalischer Genres beschrieben werden, selbstverständlich auch im Rahmen ihrer Ahnen, des familialen Nahfeldes und der Familiendynamik.
Natürlich können Klang- und Musikbiographie in Abhängigkeit von den jeweiligen Lebenswelten einer Person große Schnittmengen haben, und gerade dann, wenn Musik, Gesang und Instrumentenspiel genuine Bestandteile einer akustischen Umwelt waren. Aber auch der umgekehrte Fall ist denkbar, dass die Schnittmengen eher klein sind, wenn Musik, Gesang und Instrumentenspiel kein oder nur ein sehr randständiger Bestandteil der Biographie waren. So oder so sind alle Menschen Ohrenzeugen ihrer klanglichen Umwelten und dadurch wird bereits ihre pränatale (Ge-)Hörentwicklung beinflusst und erst recht natürlich durch die postnatalen Soundstrukturen ihrer akustischen Umwelt.
Teile dieses Artikels sind kondensierte, neukompilierte und erheblich erweiterte Passagen aus dem bereits erwähnten Grundlagenbuch zum [MATRIX]-Modell von 2013 Schritte auf dem Weg zu einer Präzision des Ungefähren mit dem besonderen Aspekt der Entwicklung der Stimmanalyse.

Patterns which connect
Ist das zentrale von Gregory Bateson entlehnte Motto des missing-link-institut. Daher stellt sich die Frage, wie die sichtbare Oberflächenstruktur mit der nicht sichtbaren Tiefenstruktur verbunden ist oder mit welchen Verfahren der Tiefenhermeneutik und Intuition man zur Tiefenstruktur vordringt. Welche Verbindungen stiften Sinn oder doch nur Unsinn?
Der Propaganda Film „A Beautiful Mind - Genie und Wahnsinn“ (2001) über die Biographie des Mathematikers John Forbes-Nash will einem weismachen, dass eine Suche nach der nicht-sichtbaren Tiefenstruktur, insbesondere im Feld der Politik stets zu Unsinn und abstrusen Verschwörungstheorien führt.

Nicht zuletzt in der Corona P(lan)demie versuchten die politischen Verschwörungspraktiker dem Volk einzuimpfen, dass die Zusammenhangsstiftungen der Impfdissidenten nichts als verschwörungstheoretischer und der Volksgesundheit abträglicher Unsinn sei. Spätestens mit der Veröffentlichung der ungeschwärzten RKI Protokolle wird genau das Gegenteil bewiesen. Natürlich wussten die Impfdissidenten das schon vorher, denn ihr Motto war: „Verbinde die Punkte“ und „Follow the money“.
Im Rahmen dieses Artikel werden die Methoden der Tiefenhermeneutik nicht erläutert, sondern hier nur aufgeführt:

  • Spaziergangswissenschaft (L. Burckhardt, 2006)
  • Groken (R.A. Heinlein, 1961)
  • Participation Mystique (L. Lévy-Bruhl, 1928; C.G. Jung 1984)
  • Petite Perception u. Reflection (G.W. Leibniz, 1686), unmerkliche Wahrnehmungen (E. Bloch 1976) oder schwachen Signale
  • Stereoskopische Blick (E. Jünger, 1978-2003); J. Narby, 1998)
  • Desinvolture (E. Jünger, 1978-2003)
  • und weitere Konzepte und Personen
    Detailliertere Informationen finden sich im Schritte… Buch.

Lärm, Klang, Klanglandschaften oder Soundscapes
Schon 1908 gründete der Philosoph Theodor Lessing (1972-1933) einen Anti-Lärm Verein mit 1.100 Mitgliedern. Der Verein wandte sich gegen das Anschwellen der technisch-kapitalistischen bedingten Lärmbelästigungen, die ein psycho-physisches Unwohlsein bis hin zu agitierten Unruhezuständen und Beeinträchtigungen natürlicher und vegetativer Funktion wie dem Schlaf bewirken können.
Nicht von ungefähr ist Lärm mittlerweile zu einer spurenlosen akustischen Foltermethode geworden.
R. Murray Schafer  (1933-2021) definiert Lärm in seiner Ordnung der Klänge Einer Kulturgesichte des Hörens (2010) als unerwünschte, nicht musikalische Laute und laute Schallereignisse.

Klang hingegen ist an die Eingebundenheiten von geographischen Gegebenheiten in Landschaften, die akustisch durch Klima, Wetter, Jahreszeiten, sowie Lauten aus Flora und Fauna und menschlichen Siedlungsformen und Tätigkeiten umrissen werden, die im Sinne einer klanglichen Gestalt aus Figur und Hintergrund bestehen. Dafür haben sich heute die Begriffe der Klanglandschaften oder Soundscapes herausgebildet.
Neben den menschlichen Lauten, wie Stimme, Gesang und Musik, verweist Schafer (2010: 111) bei den menschlichen Tätigkeiten insbesondere auf die Klangsignaturen der Mühlen und Schmieden. Von Klanglandschaften, deren geographischer Einbettung (zunächst im Märkischen Sauerland), sowie den Klängen von Mühlen und Schmieden und deren Rückwirkungen der klangerzeugenden Bewohner soll im weiteren Verlauf die Rede sein.
Es kommt noch hinzu, dass Richard Wagner (1850) erklärte: „Der Mensch ist ein äußerer und innerer. Die Sinne, denen er sich als künstlerischer Gegenstand darstellt, sind das Auge und das Ohr: dem Auge stellt sich der äußere, dem Ohre der innere Mensch dar.“

Damit sind die zentralen Themen dieses Artikels zur Klangbiographie endgültig umrissen: Wie gestalten sich die Zusammenhangsstiftungen zwischen Klanglandschaften und der Außen- und insbesondere der Innenwelt eines Menschen und fügen sich zu einer Übersicht stiftenden Klangbiographie einschließlich dessen Weltbild zusammen?

Im Rahmen dieses grundlegenden Artikel zur Stimmanalyse wird auf akustische, klangliche Strukturen und Soundsignaturen fokussiert und des weiteren in einer Weitwinkelperspektive, wie diese Klangstrukturen und Soundsignaturen in die lokalen und regionalen Stadtstrukturen und Berufsbilder sowohl eingepasst waren, als auch aus ihnen entstanden sind. Daher geht es zunächst um das (märkische) Sauerland als eine Lebensform, die ihre eingeborenen Bewohner mehr oder weniger auf eine bestimmte Art und Weise als „Menschenschlag“ im Sinne eines deutschen Regionalcharakters geprägt hat.

Das märkische Sauerland
Im südlichsten Dreieck von Westfalen ist nicht nur das Land der Tausend Berge und zahlreichen Stauseen, dass sich als „regenreiche Riviera des Ruhrgebietes“ in eine Naherholungslandschaft verwandelt hat, sondern hat durch seine Flüsse eine besondere Industriekultur und spezielle Lebensformen hervorgebracht. In dem Büchlein Sauerland als Lebensform (2021) hat der Sauerländer Ulrich Raulff, den ich noch flüchtig aus seiner studentischen Tätigkeit im Buchladen „Roter Stern“ in Marburg kannte, das wunderbar dargestellt. Raulff beschreibt die Sauerländer auf eine Art, die im weiteren Verlauf dieses Artikels große Schnittmengen mit dem ergeben, wie andere Autoren die Müller und die Schmiede charakterisieren. Ebenso beleuchtet er Aspekte der heutigen Berufsidentität für seismisches oder tiefenstrukturelles (Auf- und Er-)Spüren von PWG. Er erhellt Wahrnehmungsprozesse, die gleichzeitig auch das Thema dieses Artikels umreissen, eine frühzeitige Hellhörigkeit für Oberflächen- und vor allem Tiefenstrukturen von Klangsignaturen als Wahrnehmung zwar schwacher, aber gleichwohl bedeutungsvoller Signale. Signale die einerseits faustisch darüber aufklären, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ bzw. darüber aufklären, was die Welt heute eben nicht mehr im Innersten zusammenhält, sondern den Frieden der Welt und den Wohlstand Deutschlands gravierend gefährdet. Raulff schreibt:
Neben den Bewohnern der Heidelandschaften im nördlichen Deutschland verfügen insbesondere die Sauerländer über die Fähigkeit des zweiten Gesichts. Natürlich können auch sie, soviel stammestypische Skepsis muss sein, sich gelegentlich irren oder aufs falsche Pferd setzten. Aber im Großen und Ganzen haben sie ein ausgeprägtes Gespür, eine Witterung für Dinge und Ereignisse, die noch unter dem Horizont liegen. Wie der Bauer der weiß, wenn er heute mäht, kommt morgen der Regen. Die Sauerländer spüren was in der Luft liegt. Sie haben Ahnung. Diese Gabe prägt ihr Leben und verbindet sich mit ihrem natürlichen Realismus. Aber anders als Annette (Droste-Hülshoff) meinte, macht sie die Sauerländer nicht zu erfolgreichen Spekulanten. Sie macht sie zu phantastischen Fabrikanten. (S. 46/47)„Dass er (der Schmied) imstande ist, in seinem eigenen Körper eine ‹innere Glut›, die ihn ‹brennend›, ‹glühend macht.›” (Eliade 1980: 83) „Etwas ‚machen’ heißt, die magische Formel kennen, die es einem ermöglichen wird, es zu ‚erfinden’, oder es spontan erscheinen zu lassen.” (Eliade 1980: 101)
In diesen Bemerkungen von Eliade wird auf den tiefenstrukturellen Zusammenhang der [MATRIX]-Modelle mit der frühen Faszination von PWG durch kurzzeittherapeutische Verfahren und den radikalen Konstruktivismus hingedeutet. Beide Konzepte, das Handlungsorientierte und das Erkenntnistheoretische, lieferten ihm unbewusst die perfekte isomorphe Passform für seine tiefenstrukturell vorgeformte Lebenswelt im Rahmen seiner Heimat als Schmiedestadt.

Schmiede als Meister der druckvollen Kalt- und Heissverformung 
Bei der Verarbeitung von Metallen gibt es die Heißumformungsverfahren durch eine vorherige Erhitzung des Werkstücks und die Kaltumformungsverfahren durch die Einwirkung von hohem und wiederholtem Druck auf oder Ziehen und Walzen eines Werkstücks. Ein einfaches Beispiel für die Heißverformung ist das Schmieden eines Hufeisens, für die Kaltverformung die Herstellung eines Bleches oder das Ziehen eines Drahtes oder das Kaltwalzen einer Eisenplatte. In allen Fällen wird gezielt und wiederholt erhebliche Energie und Kraft angewendet, um zum Ziel zu gelangen. Um das gewünschte Ergebnis zu bekommen, bedarf es trotz der eingesetzten Mittel viel Erfahrung großer Ausdauer und hoher Kunstfertigkeit. Eliade verweist in diesem Zusammenhang auf die „Werkgeheimnisse” der Schmiede. (Eliade 1980: 107)

Druckvolle Kalt- und Heissverformung als Kommunikationsmodell
Das führt dazu, dass sich die tägliche Tätigkeit der Verarbeitung von Eisen oder Stahl durch Hitze (Feuer) und/oder Druck (Draufschlagen) als Metapher für Veränderbarkeit auf die übrige Lebenswelt überträgt und damit auch stilbildend für alle übrigen Lebensbereiche wirkt. „Wie die Schamanen galten auch Schmiede als Meister des Feuers.” (Eliade 1980: 83ff) Gleichzeitig wird dadurch eine metaphorische tiefenstrukturelle Form vorgeprägt, die wie die Gesenkform beim Schmieden als Formschablone für biographisch spätere Wahrnehmungs- und Tätigkeitsfelder dient.
Mit anderen Worten, dies gilt gerade auch dann, wenn man im Sauerland oder in Plettenberg Menschen, Meinungen, Kommunikation oder Verhalten verändern will, meinem zentralen späteren Berufsfeld und Modellentwicklungsumfeld.
Auch in kommunikativen und interaktiven Bereichen wird dazu großer Druck oder erhebliche und wiederholte Energie eingesetzt. Man macht dazu jemand gerne mal „Feuer unter dem Stuhl oder besser gleich unter dem Arsch” oder „redet“ bzw. im Sauerland „quasselt“ oder „drischt“ man auf ihn ein und das solange, bis Wirkung erzielt wird. In diesen Sprachmetaphern von Feuer „unterm Stuhl oder unterm Arsch” spiegeln sich auch die Metaphoriken der vulkanischen Kräfte der Hölle. Das Konglomerat dieser mythischen Tiefenstrukturen führt in der fünften Epoche der [MATRIX] einerseits zur Entwicklung der Begrifflichkeit vom „Locus terribilis” oder der „Hölle” in ihrer Unkontrollierbarkeit und damit Angsterzeugung,  zum anderen zum Locus amoenus als dem Paradies oder dem Garten in dem Willen und Versuch seiner kulturellen Beherrschbarkeit. (Gester, 2913, 71 ff., 91 f., 139, 149, 151 f, 164). Kommunikation wird in den Landstrichen der Schmiede, Drahtzieher und Feilenhauer nicht immer nur filigran und sensibel, sondern häufig handfest, wiederholt und zum Teil mit einer erfahrungsgestützten teuflischen Finesse eingesetzt. Dieses Vorgehen wird durch folgende Bemerkung von Eliade (1980:83) ergänzt: „Das Feuer erwies sich als Mittel, ‚schneller zu machen’, aber auch etwas anderes zu machen als das schon in der Natur vorhandene.”

Die Dunkelsche Mühle
Nach dem Schmied und den/m Schmieden sei ein kleiner Ausflug in die Welt und die Historie der handwerklichen Mühlen erlaubt und der Identität der Müller. Ab den 1960er Jahren waren die kleinen handwerklichen Mühlen einem rasanten Strukturwandel unterworfen und damit auch die über Jahrhunderte gewachsene Identität der Müller.
Die erste urkundliche Erwähnung der Dunkelschen Mühle geht auf das Jahr 1338 zurück und liegt damit noch 59 Jahre vor der Verleihung der Stadtrechte von Plettenberg (von Schwartzen, 1962: 9, 154).

Zur Berufsidentität der handwerklichen Müller in Familienbetrieben
Der Schriftsteller Stefan Andres (1906–1970), selbst der Sohn eines Müllers aus einem Seitental der Mosel, beschrieb zu Anfang seines Romans „Die unsichtbare Mauer” (1934) in der „Sentimentalen Grabrede” den technischen, kulturellen und wirtschaftlichen Umbruch der kleinen Mühlen und den aussterbenden Beruf des Müllers ebenso poetisch wie tiefenstrukturell treffsicher. Diesen radikalen Umbruch oder besser gesagt existenziellen Einbruch hat die Familie und das Elternhaus von PWG Ende der 50er Jahre auch hautnah und existenziell verdichtet miterlebt. Als Folge dessen, dass sein Elternhaus, die seit Jahrhunderten bestehende Kornmühle am Umlauf 1959 abgerissen wurde und sich seine Müller-Familie nach 135 Jahren im Dunkelschen Familienbetrieb neuen Tätigkeiten zuwenden musste.
Stefan Andres schreibt zum technisch wirtschaftlichen Umbruch der Mühlen im 20. Jahrhundert: „Eine neuzeitliche Mühle gleicht eher einem blitzsauberen Laboratorium, sie ist eine Mehl- und Brotfabrik geworden und ernährt ihren Mann, ohne Zweifel. Der Inhaber war vielleicht auch einmal Müllerbursche, aber er ist mit der Zeit ein halber Techniker und ganzer Geschäftsmann geworden. Er nennt seine Mühle: Walzenmühle oder so ähnlich, um darzutun, daß man es nicht mit einem Müller ganz einfachen Schlages zu tun habe. Auch diese Mehlfabriken liegen am Wasser, aber auf dieselbe Weise wie andere Geschäftsunternehmen am Schienenstrange.”
Bei der Charakterisierung der Müller weist Anders auf ihre narrativen und metaphorischen Kompetenzen hin:
„Müller sind immer seltsame Leute, ob sie vom Wind oder vom Wasser leben. Dieser Menschenschlag wird heute schon etwas rar, denn die Mühlen, wo das Wasser sichtbar und handgreiflich ein Rad dreht, sind ebenso rar geworden. Grobe Leute sind die Müller gewesen, die noch ihre Mühlen von oben bis unten locker erbauen konnten, grob wie die Mahlsteine, die sie mit dem Zweispitz schärften. Aber wer sie bei dieser Arbeit sitzen sah, vertieft und von den Funken und von dem süßen Geruch des aufgehauenen Quarzsteines umgeben, der weiß, daß sie noch etwas anderes als nur grob waren.”
Zur Sensitivität der Müller und eigentlichen Tätigkeit der Müller: „Sie betrieben ihr Geschäft des Kornmahlens mit einer seltsamen Ehrfurcht, und sie glaubten selber daran, daß jede Mühle ein anderes Mehl herausbringe.“
Die Mühlen waren durch den vielfältigen Publikumsverkehr, sowohl zentrale Informations-, Kommunikations-, Gerüchte- und Colportage-Schnittstellen. So kann PWG ohne Übertreibung von sich sagen, dass er schon von (Klein-)Kindes Beinen an täglich unendliche Karawanen von „Eseln“ - im mehrfachen Sinne des Wortes - kommen und gehen sah. Sicherlich nicht die schlechtesten kindlichen Lehrjahre für sein späteres klinisch, diagnostisches „Kampfgewicht“ als klinischer Psychologe.

Der Mühlenbetrieb wurde bis zu seinem betrieblichen Ende im Jahre 1959 seit 1824 und damit 135 Jahre von PWG's Herkunftsfamilie geführt (von Schwartzen 1962: 154). Es war eine oberschlächtige Wassermühle (Ernst 2005: 30), die bis zu ihrem Abriss 1959 von seinen Eltern betrieben wurde. Die Mühle gehörte zur Werkstattlandschaft des Stadtbildes und war gleichzeitig „über die (historische) Linie” (Jünger SW 7) der Stadtmauer gelegen.„Unsere Werkstattlandschaft ist nicht minder vom Gang der Uhren als durch den der Mühlen bestimmt. Die Uhr gehört wie die Mühle zu ihren Vorbildern.” (Jünger, SW 12: 147) Die Welt der Müller bildet eine der Geburtskammern unserer technischen Ausrüstung. Das Prinzip der Mühle wurde auf zahlreiche Maschinen ausgedehnt, wie die Namen der Papier-, Spinn-, Walk-, und Sägemühle und anderer beweisen, die später wieder verschwunden sind.” (Jünger SW 8: 147)

Der Einfluss der Lage der Dunkelschen Mühle
Die Heimatstadt von PWG ist die Vier-Täler-Stadt Plettenberg (Else-, Oester-, Grüne- und das Lennetal).
Dort kam er 1952 in einem historischen Gebäude, der Dunkelschen Mühle (Gester 2008: 233, 241 u. 2011:12f), als Hausgeburt zur Welt. In diesem Handwerksbetrieb wurde im erweiterten Familienverband unter einem Dach gelebt, gewohnt und gearbeitet. In der Mühle war einerseits Kommunikation nach außen zu den Kunden und nach innen zur Arbeitsorganisation sehr wichtig und andererseits Qualitäts- oder Gütekriterien bei der Produktherstellung, sowie bei der Kontoführung und Wirtschaftlichkeit.
Und da Plettenberg, obwohl Industriestadt im 2. Weltkrieg dem Ziel des alliierten Bombenterrors entging, war der nach dem großen Stadtbrand von 1725 wieder aufgebaute Stadtkern und sein über die Jahrhunderte entstandenes an die Landschaft angepasstes Wegesystem intakt erhalten geblieben.

Die „Hagazussa“ auf der Hecke
Die Dunkelsche Mühle gehörte einerseits zwar zur Stadt, aber andererseits lag sie gleichzeitig außerhalb des damaligen Stadtkerns vor der Stadt. Ihre Bewohner hatten damit einen Blick auf ihre „kleine Welt“, wie sie von Hans Peter Duerr (1985) seinem Werk ‘Traumzeit‘ für die „Hagazusa“, die „Hexen“ und andere magische Figuren auf der Hecke zwischen Wildnis und Zivilisation oder Natur und Kultur beschrieben werden. Sie können von ihrer Warte genuin in unterschiedlichste Welten blicken. Was E. Jünger als den „stereoskopischen Blick“ bezeichnete (Gester 2013, 136ff.), der gleichzeitig sowohl die Innen- als auch die Außenwelt wahrnimmt, der ständig zwischen Oberflächen- und Tiefenstruktur oszilliert, ist deshalb den Mühlenbewohnern in die Wiege gelegt; zumal in der Mühle Naturprodukte (Korn) zu Kulturprodukten (Mehl) umgewandelt werden.
Es ist somit auch folgerichtig, wenn PWG in seinem weiteren Lebensverlauf bei der jüdischen Mystik, der Kabbala landete, die ebenfalls Oberflächen- mit Tiefen- oder im religiösen Sinne auch „Höhenstrukturen“ zu verbinden versucht.

Kabbalistische Spielereien I a
Der Fluss Oester, an den nicht nur die Dunkelsche Mühle angrenzte, sondern den auch das spätere DEKA-Haus bis heute überragt, wird in diesem Artikel neun mal erwähnt. Von der Häufigkeit der Namensnennung könnte man auf die Bedeutung des Namens und des Flusses rückschließen. Wenn man sich mit kabbalistischer Mystik und Namensanalytik beschäftigt hat, wie das im weiteren Verlauf des Artikels en passant deutlich wird, dann fällt einem auf, wenn man von dem Namen „Oester“, das „OE“ oder „Ö“ durch ein „G“ austauscht ist man von der „Oester“ beim Namen „Gester“ gelandet.
Ohne auf diesen Zusammenhang an dieser Stelle vertieft einsteigen zu wollen, könnte man vulgär-kabbalistisch den Schluß ableiten, dass die „Oester“ und die „Gesters“ zusammengehören. PWG kommt darauf bei dem Abriss des „unbezahlbaren Hauses“ von Dunkels Mühle und damit dem unrückholbaren Untergang der „unbezahlbaren Soundsignatur“ von der Dunkelschen Mühle in dem Abschnitt „Kabbalistische Spielereien I b“ zurück.

Das unbezahlbare Haus
Die Dunkelsche Mühle war im Sinne von Hugo Kükelhaus (1900–1984) ein „unbezahlbares Haus”, ein Fachwerkbau, dessen „Metrik” noch aus den menschenbezogenen Maßen des Mittelalters aus „Schritt, Fuß, Elle und Spanne” bestand: Das „Alles ist möglich” erweist sich aber – auf den lebendigen, den wohnenden Menschen angewandt – als ein „Nichts ist möglich”.
„Kurz beim Ausbau alter Zahlgerüste (sprich Fachwerk, übrigens alles gebeilte Eiche) erfährt man die Lebensfülle, die aus der wesenhaften Beschränkung quillt. Das Sakrale spielt ins Profane hinein. Nicht nur das: es durchsäuert es. Es macht das Profane erst gültig. Und dieses Gegründet-Sein im Metaphysischen ist spürbar. Es trägt und birgt und befreit.“

„Wie es (nach Eugen Rosenstock) den „unbezahlbaren Menschen” gibt, so gibt es auch das unbezahlbare Ding, das unbezahlbare Haus. Das ist das schicksalsgeladene Haus; da in höherem Gesetz beruhend. Ein solches Haus nimmt auch alles, was hoch und rein ist, auf; nichts Geprägtes und Adeliges ist darin Fremdkörper: China kann stehen neben Mexiko, Afrika neben Bauernbarock, javanische Batik neben Eichentruhen aus Westfalen, untermischt mit Kristallen, Schmetterlingen, Büchern. Solche unbezahlbaren Häuser gibt es in jeder Stadt – noch! Es sind die Hormone einer Stadt. Man erkenne und hüte sie: Ihre Wirksamkeit liegt nicht im Alter, sondern in der zeitlosen, der kosmischen Gesetzlichkeit, die erst das Alter möglich macht.” (Kükelhaus 1955: 46 – 47)

Die unbezahlbare Soundsignatur eines unbezahlbaren Hauses
Zu den eher weltlichen Gesetzlichkeiten eines „unbezahlbaren Hauses“ in seinem ursprünglichen Kontext gehört eben auch eine „unbezahlbare“ innere und äußere Klangstruktur, die in ihrer Gesamtheit eine einmalige Soundsignatur als unverwechselbaren, akustischen Fingerabdruck darstellt. Die äußere Klangstruktur wird durch die natürlichen Geräusche wie beispielsweise Flussläufe und Klangstrukturen des Kontextes bestimmt. Die innere Soundstruktur wird durch das jeweilige Handwerk und die Lebenswelten der dazugehörigen Tiere und Menschen geprägt. Es versteht sich von selbst, dass es neben der Klangsignatur auch Vibrations- Geruchs- und Fühlstrukturen gibt, die sich am Ende zu einer unverwechselbaren Gesamtsignatur zusammenfügen.
Kükelhaus hat in seinem Konzept des „unbezahlbaren Hauses“, die er Anfang der 50er in Soest aus den Restaurationsjahren seines „unbezahlbaren Hauses“, einer zweigeschossigen, 1670 Fachwerkscheune des von Dolffs´schen Anwesens abgeleitet hatte, vermutlich deshalb nicht erwähnt, weil diese einmalige, unverwechselbare Soundsignatur schon zu diesem Zeitpunkt längst unwiederbringlich zerstört war. 
Diese bedauerliche Zerstörung der identitätsprägenden Soundsignaturen „unbezahlbarer Häuser“ wird im LWL Museumsdorf in Hagen überdeutlich. Zwar konnten hier immerhin ca. 50 „bezahlbare Häuser“ aus ganz Südwestfalen in ihrer Bausubstanz und -struktur gerettet werden, aber durch ihre kontextuelle Verpflanzung wurden sie der originalen Soundstruktur ihres ursprünglichen Standortes beraubt. Sie haben heute eine neue Soundstruktur bekommen, die aber höchstwahrscheinlich mit der Soundsignatur des Ursprungstandortes nichts mehr zu tun hat.
Bestenfalls können heute noch Teile ihrer inneren Klangstruktur simuliert werden, wenn beispielsweise das Handwerk, das in einem unbezahlbaren Haus ausgeübt wurde durch einen stundenlimitierten Museumsbetrieb für das Publikum wieder aufgenommen wird.
Und so wie sich die Gebäudestruktur eines „unbezahlbaren Hauses“ im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte durch Um- und Anbauten verändern kann, unterliegen die inneren und äußeren Klang-, Geruchs- und Fühlsignaturen auch stetigen Veränderungen. Sie können für lange Epochen stabil bleiben und sich durch historische Prozesse, wie ökonomische Zyklen, Kriege, Seuchen, technologische Sprünge, Gewerbe- Funktions- und Bewohnerwechsel langsam und kontinuierlich oder urplötzlich und disruptiv in Teilen oder ihrer Gesamtheit verändern. Somit stellt sich nicht die Frage nach einer originalen Sound- Geruchs- und Fühlsignatur als einem ewig stabilen Identitätsausweis, sondern nach einer jeweiligen Soundsignatur zu bestimmten Zeitpunkten.

PWG hatte das Glück und Unglück, dass er in seinem Elternhaus, der Dunkelschen Mühle, während einer Klangepoche aufwuchs, in der nach einer Periode von Klangstabilität deutliche, disruptive Veränderungen der inneren und äußeren Klangsignatur bemerkbar wurden und dadurch Teile der Soundsignatur der Dunkelschen Mühle unwiederbringlich zerstört wurden, bevor dann die Dunkelsche Mühle selber dem Untergang geweiht war und es leider nicht, wie die Lohmühle, ein anderes „unbezahlbares Haus“ aus Plettenberg, zumindest zur Wiederauferstehung der Baustruktur im LWL Museums Dorf in Hagen brachte.
Dadurch wurde zum einen früh in seinem Leben die vom umbauten Raum bewirkte grundlegende Anregung für das Jahrzehnte spätere, erkenntnisleitende Programm der [MATRIX] gelegt und zum anderen die Sensibilität für den Wert historischer Gebäude und ihre Einbettung in die historisch gewachsene Umgebung für Stadtplanung, Stadtsanierung und Landschaftsplanung geweckt.

Wie sich im weiteren Leben von PWG zeigte, spielten „unbezahlbare Häuser“ immer wieder eine wichtige Rolle und damit wiederholten sich Teile dieser zunächst völlig unbewussten Programmatik.
Insgesamt waren es sieben „unbezahlbare Häuser“, die im Leben von PWG eine entscheidende Rolle spielten:
Dies waren nach der Dunkelschen Mühle, der Grävinglöh, Murtoli auf Korsika, der Renthof 28 ½ in Marburg, ein Mühlen Ensemble bei Paderborn, Forsthaus Soen in Plettenberg, und das heutige Seminarhaus des missing-link-institutes, „La Grange des Aulnes” bei Saint-Dié. (Gester 2013, 220 ff.)

Fazit 1
Die Dunkelsche Mühle als sein „unbezahlbares (Eltern-)Haus“ und seine sechs weiteren „unbezahlbaren“ Nachfolger haben PWG im Verlauf seiner weiteren Biographie für außenweltliche Kontextbedingungen sensibilisiert und zu vielen weiteren Modellentwicklungen angeregt.

Die Soundstruktur der Dunkelschen Mühle
Neben den üblichen, alltäglichen Geräuschen des Haushaltes, natürlich eine Soundsignatur der 50er Jahre und den damaligen Haushalts-Maschinen, hatte die Dunkelsche Mühle vier besondere, akustische Kanäle oder Bänder von Sounds, die sich je nach Tageszeit und Jahreszeit veränderten, mischten und überlagerten.
 

1. Innere Soundstrukturen des Mühlenbetriebes
Wenn das Mahlwerk der Mühle in Betrieb gesetzt wurde, dann war das nicht nur deutlich zu hören, sondern auch zu spüren. An der Außenwand hörte man deutlich den Strom des Wassers über das oberschlächtige Mühlrad rauschen und platschend in die Tiefe fallen. Dann waren da die Geräusche des ganzen Getriebes im Untergeschoß der Mühle, die die Kräfte der horizontalen Welle des Mühlrades auf die vertikale Welle des Mahlwerkes übertrugen und dann schlussendlich die Reibgeräusche der Mahlsteine und der Zahnräder und Treibriemen des gesamten Mahlwerkes. Das Gebäude der Dunkelschen Mühle vibrierte, räsonierte und wackelte dann in einem zwar leiseren aber deutlich vernehmbaren Hintergrundrauschen, das sich je nach der Periode des Mahlvorganges unterschiedlich klang.

2. Äußere natürliche Soundstrukturen
2.1. Soundstruktur des Flusses
Wie man auf der obigen Illustration der Stadt Plettenberg sehen kann, lag die Dunkelsche Mühle außerhalb der historischen Stadtmauern und war nur durch den Damm der Kleinbahn vom Oesterfluss getrennt. Das ewige, gleichmäßige Rauschen der Oester begleitete ständig den Alltag aller Mühlenbewohner. Durch seine dauerhafte Präsenz war es ein meistens nicht mehr bewußt wahrgenommenes Geräuschband, das im Laufe des Jahres und in Abhängigkeit vom Wetter und den Auswirkungen der Niederschläge und den dadurch bedingten Wasserständen von einem langsameren, leisen Plätschern zu einem reißenden, dumpf bedrohlichen Rollen wechselte.
Die Soundstruktur der Oester ist der einzige Kanal der Soundstruktur der Dunkelschen Mühle, der bis heute zwar erhalten geblieben ist, aber gleichwohl durch beschleunigende Fluss-„Sanierungen“ verändert wurde.

3. Äussere menschengemachte Soundstrukturen
3.1. Soundstruktur des Schulhofes
Leicht unterhalb der Mühle lag jenseits des Oesterflusses auf der Halbinsel vor der Vereinigung der Flüsse Oester und Else der Schulhof der Martin-Luther Volksschule, in der PWG auch seine ersten vier Grundschuljahre verbrachte. Je nach der Urzeit hörte man die Glocke, später die Schelle der Schule. So wurde das ständige Rauschen der Oester mit einem vielstimmigen Gewirr der hellen Kinderstimmen ergänzend gemischt. Es war für kürzere oder in der großen Pause längere Zeit die typische Geräuschkulisse eines Schulhofes, die PWG bis zu seinem Schulbeginn nur von außen und nach seinem Schulbeginn von innen als Teilnehmer wahrgenommen hatte. Schon vor seinem Schuleintritt hatte ihn sein Stiefgroßvater Heinrich Becker mit dem auf sauerländisch platt gesprochenen Vers: „Langeschläfer Uhlenkopp, ja der steht noch lang nit up“ vor den Zumutungen der Schule gewarnt. Diese melodischen Lebensweisheiten von der gewichtigen Stimme des Stiefgroßvaters, halb ironisch intoniert, warnten vor den Einschränkungen durch das erzwungene Aufstehen auf Grund der Schulpflicht und hatten erhebliche Folgen für die weitere Schullaufbahn und den späteren, anarchistischen Anti-Etatismus von PWG.

3.2. Soundstruktur der Kleinbahn
Die Mühle war nur durch einen Bahndamm von der Oester getrennt auf diesem Bahndamm verliefen die Gleise der Plettenberger Kleinbahn. Die Aufgabe der Kleinbahn war neben dem Personenverkehr, insbesondere die Versorgung der Plettenberger Industriebetriebe mit Rohstoffen und dem Rücktransport der Produkte der Plettenberger Industriebetriebe zum nationalen und internationalen Weitertransport. Insgesamt gab es 70 Fabrikanschlüsse der Kleinbahn im gesamten Stadtgebiet. Die Anschlussstelle der Kleinbahn an das Schienennetz der Staatsbahn an der mittleren Nord-Süd-Trasse Deutschlands durch das Lennetal auf der Strecke, Frankfurt - Siegen - Hagen - Dortmund lag im Ortsteil Ehringhausen.
Dort wurden die Güterwagons mit der Normalspur der Staatsbahn auf schmalspurige Rollwagen der Kleinbahn aufgesetzt. 
Mehrmals täglich rumpelten diese Güterzüge direkt an der Mühle vorbei und neben dem Dampfen, Puffen, Rauchen, Qualmen, Tropfen, Zischen, Pfeifen und Stinken kündigten sich die Zügen auch durch ein seismisches Vibrieren auf dem Bahndamm an. Angeregt durch die Lektüre von Karl May legten wir Kinder, wie die Indianer ein Ohr auf die Schienen, um möglichst frühzeitig hören zu können, wann der nächste Zug über den Bahndamm heranrumpeln würde. Natürlich war das auf Grund der Unfallgefahr strengstens verboten. Da auf dem Bahndamm auch der Hühnerhof der Mühle lag, wurden mehrmals täglich die Hühner durch die grelle Dampfpfeiffe der Kastendampflocks von den Schienen vertrieben, was ein entsprechend aufgeregtes Gackern der Hühnerschaar zur Folge hatte.
Auf dem Musik Album „Hope“ besang Hugh Masekela (1939-2018) im Song „Stimela“ lautmalerisch die Geräusche der Kohlenzüge der Chou Chou Trains in Südafrika (ab 2:00).

3.3. Äussere Soundstruktur der industriellen Hammerschmieden
Es gab in der Kindheit von PWG eine weitere akustische Besonderheit, die zu einer fast merkwürdigen Verkopplung des Elternhauses mit dem städtisch-industriellen Leben führte. Das hatte bezüglich der Klangbiographie und der daraus sich entwickelnden Hör- und Spürentwicklung von PWG eine zentrale Bedeutung. Daher sei zunächst ein kleiner Ausflug in die Industrieentwicklung des Sauerlands und von Plettenberg erlaubt.

Industrie- und Schmiedegeschichte von Plettenberg
Schon die keltische Urbevölkerung des Sauerlands verhüttete Eisen durch kleine, auf dem Waldboden aufgestellte Schmelzöfen, den sogenannten „Rennöfen”. Im Zug der mittelalterlichen Waffenproduktion wandelte sich diese Verhüttungsart zum weichen und gleichzeitig zähen Osemundeisen, das in den wassergetriebenen Osemund-Hammerschmieden verarbeitet wurde (Hüsmert 1995: 78).
„Bedeutender noch ist der Einfluss der Schmiede, der mit der Kenntnis der Metalle und ihrer Anwendung beginnt. Um die Schmiede ist etwas Unheimliches; das Volk sieht sie als Zauberer an.” (Jünger SW 12: 147)
Die Identität als „kommunikativer Zauberer” war eine wichtige Tiefenstruktur der späteren Berufsidentität von PWG. Diese wurde zunächst mit der Rezeption der Verfahren des US-amerikanischen Hypnotherapeuten Milton Erickson angestrebt. (Rossi 1995). Auch Eliade (1980: 94) bestätigt den mythologischen Ruf des Schmieds, „ein großer Zauberer zu sein“.
Die Nutzung der Wasserkraft nicht nur für Mühlen, sondern gerade auch für Schmieden ist geographisch historisch bedingt, denn durch die landschaftlichen Strukturen der Flusstäler wurden im Sauerland und speziell in Plettenberg schon früh wasserangetriebene Schmiedehämmer zur Eisenverarbeitung benutzt. Urkundlich sind seit dem 17. Jahrhundert Konzessionen für Sensenschmieden (Oberwinter 1995: 43) nachweisbar. Plettenberg entwickelte sich im 20. Jahrhundert zur „Welthauptstadt” der Industrie- und Gesenkschmieden, von 400 deutschen Gesenkschmieden waren über 200 in Plettenberg beheimatet.
Dieser Produktionszweig wurde ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung von handwerklichen Manufakturen zu industriellen Fertigungsmethoden gewandelt. Im Rahmen dieser Wandlung wurden in den Fabriken Fallhammer und Gesenkschmieden installiert. Ab Mitte der 70er Jahre wanderten dann im Zuge der Stadtsanierung und der Erschließung neuer Industriegebiete die Gesenkschmieden aus dem Stadtzentrum in die Vororte aus (Hüsmert 1995: 80).

Vom Dampfradio zu High Fidelen Träumen
1955 wurde Familie Gester ein bescheidener Lottogewinn von ca. 500 DM beschert und dieser Lottogewinn floss in einen Grundig Musiktruhe. Diese Musiktruhe wurde als ein höchst wertvoller, fast heiliger Musikschrein betrachtet, aus dem zu besonderen Stunden Konzerte erklangen oder Schallplatten abgespielt wurden. Ein häufiges Programm war Operetten der silbernen Operettenära mit Johann Strauss’ „Fledermaus“, dem „Zigeunerbaron“, Lehárs „Lustige Witwe“, oder „Der Graf von Luxemburg“. Diese Musik fand nicht so das prickelnde Interesse von PWG.
Gleichwohl war PWG von diesem klingenden Möbelschrein nachhaltig fasziniert und durfte ihn schon früh selbstständig bedienen. Das bildete eine weitere Quelle seiner Faszination für Klang und Klänge. Um 1964 mit der beginnenden Pubertät, als die Mühle bereits fünf Jahre abgerissen und ihre Soundsignatur untergegangen war, erklangen die aufregenden Töne des Swinging London aus dem Koffer Radio. Von Stund an begann die Suche danach, wie man diese noch sehr seltenen Klangeindrücke häufiger aufspüren und aufnehmen konnte und in möglichst unbegrenzter Lautstärke wieder geben konnte.
Dementsprechend war diese Zeitepoche auch die Geburtsstunde mancher deutschen (und internationalen) HiFi Manufakturen von denen einige bis heute Bestand haben.

Luft- und Bodenschallstruktur der Dunkelschen Mühle
PWG brauchte viele Jahrzehnte, um seine diesbezügliche, tiefenstrukturelle Schablone (schmiedetechnisch gesprochen: strukturformende Kokille) bewußt zu erkennen und zur gleichen Zeit schwand damit sein entsprechender Furor für diese scheinbar „hellhörigen“ Hypno Modelle und Methoden.
(Es sei am Rande bemerkt, dass schon Milton Erickson in einem Fallbericht zur Heilung von Tinnitus und Phantomschmerz berichtete, bei dem er den Patienten zu seiner Wahrnehmungsveränderung in den Lärm einer Kesselschmiede schickte. (Rossi, E. 1998))
Diese Tiefenstruktur der kommunikativen Metaphorik setzt sich natürlich auch im umgekehrten Fall durch, denn derjenige, der Veränderung erfahren soll, weiß um die durchschnittlichen (Lärm- und weiteren) toxischen Verschmutzungen und immunisiert sich vorsorglich gegen Veränderung durch die Ausbildung von Sturheit, Resistenz gegen Information und Ausbildung möglichst weitgehender schmerzfreier Indolenz u.a, durch die Erhöhungen seiner Wahrnehmungsschwellen. Und wird aber gerade dadurch für die dicksten Lügen anfällig, wie in der Corona P(l)andemie deutlich zu beobachten war.
In PWGs Kindheit waren noch alle Fallhämmer in den Fabriken nahe der Stadtmitte in Betrieb. Da die Dunkelsche Mühle durch ihre Baubeschaffenheit aus Bruchsteinen und Lehmfachwerk im oberen Teil ein vergleichsweise „leichtes Fachwerkhaus” war, dass im unteren Teil ein im Boden verankertes Bruchsteinhaus war, konnte man die Schmiedehämmer gut hören.
Wenn nun ein Fallhammer auf ein Schmiedestück knallte, konnte man mitten im Haus, insbesondere wenn man im Bett lag, zunächst den Bodenschall und die dumpfen Vibrationen spüren und minimal später den helleren Luftschall hören, den die Fallhämmer in den Schmieden verursachten. Davon soll im folgen Abschnitt genauer die Rede sein.

Das lange „Hörrohr“ der Dunkelschen Mühle
Seit Beginn des 18. Jahrhunderts führte in Plettenberg ein offener Mühlengraben zum Betrieb des oberschlächtigen Wassermühlrades ca. 300 Meter vom Stauwehr am Oesterfluss hinter der Schützenhalle am Wieden durch die Grünestraße bis zur Dunkelschen Mühle am Umlauf. (siehe im Plan unten rechts).
Der offene Mühlengraben wurde ab 1895 durch eine 80 Zentimeter dicke Rohrleitung ersetzt. Das damalige Komitee zur Erbauung der Kleinbahn übernahm die Kosten für die Unterflurverlegung des Mühlengrabens, da die Kleinbahn den Platz des Mühlengrabens für ihr Schienenbett zu den Bahnanschlüssen u.a. der Hammerschmieden in der Stadt benötigte, sowie die Kosten für eine neue Turbinenanlage der Mühle. Im Gegenzug wurde dem Komitee ein Wegerecht über den Mühlendamm eingeräumt. 
Diese Rohrleitung führte in ungefähr 160 Metern Entfernung von der Mühle auf ca. 40 Metern Länge parallel, direkt an der Außenmauer der Gesenkschmiede H.B. Seissenschmidt entlang. Zudem führte eine Abzweigung zum Betrieb der Dampfmaschinen der Gesenkschmiede direkt in die Gesenkschmiede.

Damit waren das „Schicksal“ der Dunkelschen Mühle und den innerstädtischen Gesenkschmieden für die nächsten 60 Jahre und während zweier Weltkriege miteinander verknüpft.

Dieses Wasserrohr wurde somit metaphorisch gesprochen zu einem Hörrohr des Bodenschalls der innerörtlichen Gesenkschmieden H.B. Seissenschmidt und dem ebenfalls nahegelegenen Hammerwerk Müller.

Mein Stiefgroßvater mütterlicherseits war als Industriemeister ein profunder Kenner der heimischen Schmiedefirmen (Gester 2008). Er kannte die einzelnen Betriebe und die in ihnen installierten Fallhämmer bis ins Detail und konnte sie am Boden- und Luftschallbild klanglich präzise unterscheiden und sogar identifizieren. Diese außergewöhnliche akustische Unterscheidungsfähigkeit übte mein Großvater mit PWG fast täglich ein, bis PWG es ihm fast gleich tun konnte.

Dadurch wurde das Heraushören von tiefenstrukturellen Soundsignaturen in seiner kindlichen und primärprozesshaften Innenwelt verankert: Zum einen wurden die zuvor beschriebenen metaphorischen mythischen Bedeutungsstrukturen in die Tiefenstruktur „eingehämmert” und zum anderen führte diese zu früher vibrationsakustischer Differenzierungsfähigkeit.

Fazit 2
Die metaphorische mythische Tiefenbedeutungsstruktur der industriellen Struktur der Heimatstadt von PWG beeinflusste seine späteren Modellbildungen in erheblicher und nachhaltiger Weise und stellt damit zugleich ein exzellentes Beispiel für Kopplung von Oberflächen-und Tiefenstruktur in dem Zusammenhangsfeld von Heimat, Psychogeographie und späterer Modellbildung dar.

Damit wurden frühkindlich wahrgenommene Klangsignaturen durch die Klanglandschaft seiner Heimatstadt und in Beziehung zur Baustruktur der Dunkelschen Mühle als handwerksbasiertem Elternhaus, in dem unter einem Dach gearbeitet und gelebt wurde, zu späteren Begriffskonzepten von Oberflächen- und Tiefenstrukturen. Wie das zusammenhängt und sich entwickelt hat, wird im Folgenden erklärungsstiftend dargestellt.

Der Untergang der Soundstrukturen
Als die Dunkelsche Mühle 1959 im Zuge der Stadtsanierung abgerissen wurde, fühlte PWG sich mit dem Umzug ins neue bis heute bestehende DEKA-Haus wie „ausgebombt”, auch wenn im neuen Haus alles größer, komfortabler und „besser“ war. Mit dem Abriss der Dunkelschen Mühle wurden auch weite Teile der frühkindlichen Soundstruktur von PWG abgerissen und unwiderruflich zerstört.
Damit war zunächst das beruhigende Vibrieren und Rütteln des Malwerkes verschwunden.
Die Bodenschallwellen der Hämmer der Gesenkschmieden waren nur noch undifferenziert zu hören und es blieb zunächst nur der Luftschall der Hämmer übrig, der aber von dem zunehmenden Verkehrslärm durchschnitten und überdeckt wurde.
Die Kleinbahn verkehrte zwar noch bis zum Frühjahr 1961, stellte aber dann auch ihren Güterverkehr ein.
Mit dem Umzug der Fabriken und insbesondere der Hammerschmieden ins Elsetal ab Mitte der 70er Jahre verschwand diese Soundsignatur vollkommen aus der Klangsignatur im „Stadtbild“.
Durch den Abriß der Martin Luther Grundschule (1981) und den Bau des Einkaufscenters Globus wurde auch die Soundstruktur des Schulhoflärms getilgt.
Da sich damals niemand über solche Soundstrukturen Gedanken machte und entsprechende Aufzeichnungsgeräte noch selten, teuer und schwer waren, existieren von den Soundstrukturen auch keine Aufzeichnungen.
Das Dampfen, Zischen, Stampfen und helldurchdringende Pfeifen der auf dem Mühlendamm vorbei rumpelnden Kleinbahn verschwand ebenso, wie der Boden- und Luftschall der Plettenberger Gesenkschmieden.
Nur das ewige Rauschen des Oesterflusses ist bis heute, wenn auch durch Fluss-„Sanierungen“ verändert erhalten geblieben.

Kabbalistische Spielereien I b
In dem vorherigen Kapitel der „Einfluss der Lage der Dunkelschen Mühle“ als dem Elternhaus von PWG wurde en passant auf die Bedeutung des „Oester“ Flusses und seiner hohen Ähnlichkeit mit dem Namen Gester hingewiesen. Wie gerade zuvor bemerkt, ist das ständige Rauschen der Oester der einzige Bestandteil der Soundsignatur der Mühle, der bis heute erhalten geblieben ist. Dazu sei bemerkt, dass bis auf den Renthof 28 ½ alle anderen „unbezahlbaren Häuser“ eine enge Angrenzung oder Anbindung an Flüsse oder Wasser hatten. Und dass man den schmalen Verbindungsfußweg des Renthof 28 ½ (heute Nr. 22) zwischen dem oberen und unteren Renthof als eine Art symbolisches Flussbett bezeichnen könnte, der sich bei Starkregen auch blitzschnell in einen reißenden Bach verwandeln konnte.

Neue Soundstrukturen kommen auf
Mit dem Untergang der Soundsignatur der Dunkelschen Mühle und der Auslagerung der Gesenkschmieden ins Elsetal wurden bei PWG sozusagen Leer- oder Lehrstellen für neue Sounds- und Klangwelten geschaffen.
So begann mit dem Schulfreund E. Eichholz eine wilde Radiobastelei an Dampfradios, die ausgeschlachtet und/oder umgebaut wurden. Einige alte Kassenbücher der Dunkelschen Mühle wurden als Kladden mit Informationssammlungen zu Elektronikbasteleien genutzt. Kosmos Radiomann Baukästen erleichterten den Zusammenbau von ersten Detektor Empfängern mit Kopfhörern. In den Kladden finden sich handgezeichnete Schaltpläne und auch eine erste funktionierende Funkstrecke von einigen hundert Metern konnte realisiert werden. Der Plan war, das ganze Sauerland im Sinne des damaligen Piratensenders „Radio Caroline" mit Pop Musik zu fluten. Und es war klar, dass man zum Senden die Hochfrequenztechnik und für das Musik Programm die Niederfrequenztechnik und ein Ton- oder Sendestudio brauchen würde. PWG überlegte auch, ob er eine Funkamateurlizenz erwerben sollte, entschied sich dann aber gegen die Hochfrequenz Elektronik und konzentrierte sich auf die Niederfrequenz und die Musikwiedergabe und die damals noch seltene Stereophonie.

Diese pubertären Ideen führten in PWG's damaliger Bastelbude zur Gründung des Sauerland Senders (SAS) und des Tonstudio Plettenberg (TSP). Gott sei Dank scheiterten diese präpotenten Pläne an mangelnden Finanzen, obwohl es damals im Elektronikversandhaus Radio RIM und bei verschiednen anderen Versendern die notwendigen Bauteile und Komponenten aus US Army Beständen zur Realisierung gegeben hätte. Und dem präpubertären und präpotenten PWG wurde gleichwohl bewusst, dass man aus rechtlichen Gründen leider nicht einfach einen öffentlichen (Musik-)Sender betreiben könnte, denn die damaligen Peilwagen der Post waren schon hinter den beiden, jugendlichen Hochfrequenz Adepten her.
Folglich konzentrierte sich PWG ab da auf die Niederfrequenztechnik, was zur Beschallung von Schulfesten führte und später dann auf Home HiFi und im weiteren dann mit dem ersten VW Käfer auf das, was man heute Car HiFi nennt. Gott sei Dank blieben das einerseits alles pubertäre Basteleien, andererseits hat die Begeisterung für Hi-Fi bzw. High-End bis heute ungebrochen angehalten.
Nachdem PWG in der Mühle seinen Vater beim Handwerken beobachtete und schon da und auch später mit einbezogen wurde, liegen hier die Wurzeln seiner heutigen handwerklichen Fähigkeiten, die heute zum Betrieb des siebten „unbezahlbaren Hauses“ unumgänglich sind.

Natürlich sollte auch PWG wie es damals in Mittelschichtsfamilien üblich war ein Instrument erlernen. Geige oder Klavier standen zur Auswahl. Der Unterricht wurde von Musiklehrern erteilt, deren Ausbildung während der Nazizeit stattgefunden hatte. PWG konnte beobachten, mit welch säuerlichen und unglücklichen Minen seine Schulkameraden aus den nachmittäglichen Musikunterricht zurück kamen und welche Unerfreulichkeiten und Ärgernisse sie über ihren Musikunterricht zu berichten wußten. Dementsprechend beschloß PWG schon bald, dass er unter keinen Umständen ein Instrument erlernen werde und gab das seinen Eltern auch bekannt. 
Durch die frühe Beschäftigung mit Elektronik und Stereophonie las und schrieb PWG keine Notenblätter, sondern sammelte, las und zeichnete erste Schaltpläne.

Die Sounds des „Swinging-London“ waren verpönt.
Zumal im damaligen Musikunterricht und bei den zur Auswahl stehenden Instrumenten in Ansätzen nicht an musikalische Übungen à la der Musik des „Swinging London“ und der amerikanischen „Neger-Musik“ aus dem Radio zu denken war, sondern das galt als ein weiterer Schritt auf dem dem Weg zum „Untergang des Abendlandes“.
Wie richtig und zukunftsweisend diese Befürchtungen der Eltern und weiteren damaligen Erwachsenenwelt mit Rekurs auf Spenglers Warnungen vor der Rache der negriden Völker waren, wurde PWG erst viel zu spät bewusst.
Und PWG begriff schnell, dass die Musik Reproduktionsmaschinen einen wesentlich schnelleren und direkteren Zugang zu den Klangwelten der British Revolution eröffnete, als das umständliche Lernen eines Instruments und einem rückwärts gewandten Musikunterricht, der an der Wiener Klassik orientiert war.
Bei seinem musikalisch recht limitierten Talent begriff PWG allerdings nicht, dass sich Musik, gleich welchen Genres, aus Bausteinen zusammensetzt, die man für andere Musikstile frei konfigurieren könnte. Anfang der 60er Jahre waren diese Welten noch mehr als streng getrennt und hermetisch von einander abgeschlossen. Erst in der zweiten Hälfte der 60er Jahre wurden beispielsweise von Gruppen wie The Nice und Deep Purple erste genreübergreifende Durchbrüche erzielt, die allerdings als blasphemisches Teufelswerk galten. Natürlich wurde PWG von seinen Eltern nachhaltig darauf hingewiesen, dass er eines Tages seine Weigerung ein Instrument zu erlernen bitter bereuen werde, aber von dieser klugen Einsicht wollte PWG nichts wissen.
Dass Elektronikkomponenten und Schaltpläne aus sich wiederholenden Baugruppen bestanden, die man je nach Sinn und Zweck einer Schaltung kombinieren konnte, war PWG allerdings auch damals schon sonnenklar.
So erklärt sich, dass die aktive Musikbiographie von PWG ebenso kurz wie dünn geblieben ist. Andererseits verfügt er aber über eine lange und sensitive Klangbiographie, die via Boden- und Luftschall beim „heiteren Fallhammerraten“ mit seinem Stiefgroßvater, der Faszination durch die Musiktruhe, der bis heute anhaltenden Stereophonie und dann ab 1984 mit Stimmanalyse zu einem differenzierten Hörvermögen führte.

Sieben auf einen Streich?
Die Sieben ist bekanntlich in unterschiedlichen Kulturen eine symbolisch aufgeladene Zahl und zudem eine Primzahl mit einer mehrfachen Sonderstellung.
Posthoc betrachtet, hatte es PWG in seiner Biographie mit sieben „unbezahlbaren Häusern“ zu tun, die eben auch alle eine „unbezahlbare Klangsignatur“ hatten. Die Begegnungen mit diesen Häusern und Orten waren teils von sehr kurzer Dauer (zwei Tage) bis zu längerer Dauer von über drei Jahrzehnten.

In der zeitlichen Reihenfolge waren das:
1. Dunkels Mühle, Plettenberg, 1952-1959 (7 Jahre)
2. Grävinglöh bei Plettenberg 1958-1963 (6 Jahre in den Ferien)
3. Murtoli; Korsika 28. Sept. 1974 (2 Tage)
4. Renthof 28 1/2, Marburg, 1975-1977 (2 Jahre)
5. Mühlenkomplex bei Paderborn, 1978-1982 (4 Jahre als Gast)
6. Forsthaus Soen, Plettenberg, 1983-1987 (4 Jahre)
7. La Grange des Aulnés, Vogesen 1994 bis heute (30 Jahre)

Die vorherigen sieben „unbezahlbaren Häuser“ kann man in Kategorien unterteilen. Dunkelsche Mühle (1) und der Grävinglöh (2) waren die beiden Urmodelle im Sinne von Ch. Alexanders „Mustersprache“ (1995), für die lebenslange Suche nach einem „unbezahlbaren Haus“ als Lebensort.
Murtoli (3) war durch seine aussergewöhnliche Lage und seine ganz besondere Vortexstruktur ein ungemein starker Kurzzeitkatalysator, ebenso wie der Renthof (4) und der Mühlenkomplex (5) affirmative Durchgangsstationen der Zielrichtigkeit waren, allerdings schien zunächst das Forsthaus Soen (6) ein erfüllender „unbezahlbarer Zielort“ zu sein, was sich allerdings als Irrtum herausstellte.
Erst La Grange des Aulnés (7) stellte sich dann als der wirklich erfüllende Zielort auf der Suche nach dem „unbezahlbaren Haus und Ort“ mit der entsprechenden „unbezahlbaren Klangstruktur“ heraus und demensprechend die bis heute anhaltende Aufenthaltsdauer.

Natürlich lebte PWG zwischen den „unbezahlbaren Häusern“ noch an einigen anderen, ganz erquicklichen Orten und in angenehmen Häusern und Wohnungen, die aber eben nicht die Kriterien eines „unbezahlbaren Hauses“  nach Hugo Kükelhaus erfüllten.
Diese Häuser und Orte hatten auch eine Klangstruktur, die aber durch die heute üblichen Klangstrukturen, wie Verkehrslärm, wochenendlichem Rasenmäher Gedröhne, Stimmengewirr einer Fußgänger Zone oder durch die gezähmte Ruhe eines bürgerlichen Villenviertels gekennzeichnet waren.

Das zweite „unbezahlbare Haus“:
Der Grävinglöh
war wie zuvor schon erwähnt das zweite Ur-Modell eines „unbezahlbaren Hauses“. Anfänglich bis zum Abriss der Dunkelschen Mühle konnten diese beiden „unbezahlbaren Lebensorte“ sogar parallel genutzt werden.
Mit dem Schuleintritt im Alter von sechs Jahren 1958 bis ca. Anfang der 60er Jahre verbrachte PWG seine Sommerferien bei Verwandten seines Stiefgroßvaters Heinrich Becker auf einem Einödhof auf den Höhenzügen der Hohen Molmert oberhalb des Bremcke Tals auf dem Grävinglöh. Der Grävinglöh war ebenfalls ein Bruchsteinhaus, das aus drei Abteilungen bestand, dem kleinen Wohntrakt, dem größeren Stalltrakt und dem riesigen Dachboden zur Bevorratung von Heu und Stroh. An der Stirnseite steht eine große Linde und an dessen Rück- und Längsseite fließt jeweils ein Bächlein. Das Bächlein an der Rückseite sollte beim Kauf des siebten „unbezahlbaren Hauses“ von PWG noch eine zentrale Rolle spielen.
Aus dem Schlafzimmerfenster ging der Blick über das Bremcke Tal und weit über die sauerländischen Höhen bis zum Helfenstein oberhalb des Oestertals. 
Hatte PWG in der Dunkelschen Mühle die Verarbeitung des Getreides zu Mehl und dessen Distribution in der Nahrungskette kennengelernt, so lernte er auf dem Grävinglöh die Verarbeitung von Milch zu Rahm, Butter und Sahne kennen, sowie Aussaat, Anbau, Ernte und Lagerung von Getreide, ergo die Vorstufen in der Herstellung der Naturprodukte, die in der Dunkelschen Mühle weiter zu Mehl verarbeitet wurden.

Soundstruktur des Grävinglöh
Da der Grävinglöh bis in die 60er Jahre „nur“ noch als Nebenerwerbsbauerhof in Betrieb war, brachen die männlichen Betreiber (Onkel August und sein Sohn Hans Walter) sehr früh am Morgen zu Fuß ins Tal zur Fabrikarbeit in Plettenberg Holthausen auf. Des Nachmittags gegen vier Uhr kamen sie zurück gewandert und Tante Erna juchzte ihnen aus dem Schlafzimmerfenster zur Soundverstärkung mit am Mund trichterförmig vorgehaltenen Händen entgegen. Sie wartete dann auf die juchzende Antwort aus dem Bremcker Tal, damit sie abschätzen konnte, wann Vater und Sohn eintreffen würden.
Am Vormittag spielte die ganze Zeit in der Wohn-Essküche mit dem großen Holzherd das Dampfradio, und die tägliche Sendung des Landfunks war Pflicht. Im Landfunk wurde je nach Jahreszeit von Tierhaltung, Forst- und Fischereiwirtschaft, Bienenzucht, Getreideaussaat und -ernte, Nutz- und Zierpflanzen, Büschen- und Baumen im Garten, Düngung und Schädlingsbekämpfung und Sammeln von Pilzen und Beeren berichtet. PWG stellte Tante Erna dazu viele Fragen und versuchte das mit seiner Ferienlektüre der Agrarpostille des Landboten in Zusammenhang zu bringen.
Außer dem Landfunk wurden dann Operetten, Opern und Symphonik im Radio verfolgt, bei denen Tante Erna häufig bei der Hausarbeit mitsang oder zumindest summte. An Regentagen hörte man, wie die Tropfen auf die Blätter der Linde pladderten und auf den grobbefestigten Weg vor dem Küchenfenster platschten.
Jahreszeitlicher Vogelgesang, der Ruf des Käuzchens, das Zirpen der Grillen und gelegentliche Stimmen von Tieren des Waldes waren vernehmbar.
Innerhalb des Hauses gab es die typischen Geräusche und Gerüche eines gemischten Stalls mit den fressenden und wiederkäuenden Kühen, das Quicken und Kobern der Schweine, das Schnauben und Wiehern des Kaltblüters (Roland), das Bellen des Hundes (Dolli), das Kratzen der Gabeln und Schaufeln beim Stallmisten zu hören und zu riechen. Die Stallgasse bestand aus einem wunderschönen, steinernen Fischgrätenparkett, das je nach Schuhwerk und den ausgeführten Arbeiten eine jeweils eigene unterschiedliche Soundstruktur verbreitete, entweder das Klackern von eisenbeschlagenen Arbeitsschuhen, das weichere Klocken von Holzschuhen oder das metalisch sirrende Schwingen der Heugabeln, wenn das Heu in die Futtertröge geworfen wurde. Diese Heugabelgeräusche unterschieden sich etwas von den Mistgabelgeräuschen bei deren Berührungen mit der betonierten Fäkalienrinne. Dazu gehörte auch das leichte Knarren der hölzernen Stalltür und das schwerere Knarren des zweiflügeligen Scheunentores.
Einmal in der Woche wurde in der Stallgasse eine verzinkte Blechbadewanne aufgestellt und gebadet. Zuerst durfte PWG als Ferienkind und dann nacheinander Tante Erna, der Sohn Hans Walter und zuletzt Onkel August baden. Alle im jeweils gleichen Badewasser, das jeweils nur durch ein, zwei weitere Eimer heisses Wasser ergänzt wurde. Das Badewasser wurde in dem universalen Kochkessel erhitzen, in dem sonst Kochwäsche eingeweicht wurde oder die Runkelrüben oder Kartoffeln gewaschen wurden. Die gesamte Tierwelt schaute dabei entspannt zu  und erzeugte eine unglaubliche Ruhe, so dass die Zeit fast still stand. Von Zeit zu Zeit klirrte leise eine Kuhkette, ein Huf scharrte, die Flatulenz einer Kuh wurde hörbar und das Platschen, wenn ein Kuhfladen in der Fäkalienrinne landete.
Am Ende der Badeprozedur wurde, die Wanne in die Fäkalienrinne des Kuhstalls entleert. Da musste der Hofhund Dolli in seiner Hütte aufpassen, dass er nicht auch überflutet wurde.

Die Milchkammer
Von der Scheune führte eine Tür in die stets sehr kühle Milchkammer, die eine eigene Soundstruktur je nach den Arbeitsgängen vom Zentrifugieren der Milch, dem Buttern, der Rahmabschöpfung und der Herstellung der „Butterhäuschen“ mit einem großen Holzlöffel hatte.

Die Geräusche des Tötens
Das Töten der Nutztiere (Schwein und Hühner) und deren angstvolles Quicken und Kreischen kannte PWG schon aus der Dunkelschen Mühle. Das wiederholte sich auch auf dem Grävinglöh. 
Besonders eindrücklich und schrecklich waren die Geräusche, wenn die ‘überflüssigen“ Jungkatzen von Onkel August an die Hauswand neben dem Scheunentor geworfen wurden und dann leblos dumpf auf die Erde platschten und dann im Misthaufen vergraben wurden.
Diese Soundtracks der existentiellen Todesangst waren eine der Quellen, warum PWG viele Jahre später staatlich geprüfter Kriegsdienstverweigerer und Vegetarier wurde und die sich heute in den ethischen Verortungen des missing-link-institutes widerspiegeln.

Das Leben auf dem Grävinglöh in den 50er Jahren mag aus heutiger Sicht vormodern und unhygienisch erscheinen und von bescheidenem Komfort gewesen sein, aber wie mittlerweile die Virologie, Allergologie und Epidemiologie herausgefunden haben, ist zum Training des Immunsystems und des Mikrobioms nichts so hilfreich, wie gerade das damalige, unhygienische Leben auf einem Bauernhof.
Und für PWG war der Grävinglöh ein Paradies, ein locus amoenus, ebenso wie die Dunkelsche Mühle. Die Wiederfindung eines solchen Locus amoenus als paradiesischer Garten Eden schon im Diesseits, als sein mythologisches Arkadien oder sein Walden war ein stetes Lebensziel von PWG. Diese mytholgische Suche nach einem Leben im Einklang mit der Natur und dem Garten und damit einem irdischen Paradies, sowie seiner dadurch ausgelösten, späteren Suche nach dem unerreichbaren Mythos des „heiligen“, akustischen Grals, der als Mythos ewig unauffindbar sein wird, hat PWG über viele Lebenskrisen hinweggeholfen.

Das dritte „unbezahlbare Haus“:
Murtoli auf Korsika
Im September 1974 befand sich PWG auf einer Ferienreise durch Korsika. Am 28.9. kam er aus Sartene an den im äussersten Süd-Westen von Korsika gelegenen ca. 2 km langen Sandstrand von Roccapina und verbrachte hier nur drei Tage. Über eine Wanderung von Roccapina nach Norden durch den Maquis kam er über den Tête den Lion d'Or zu einem kleinen natürlichen Hafen an dem direkt ein „unbezahlbares Haus“ aus Steinquadern gemauert stand.

Auszug aus dem Tagebuch von PWG September 1974 in Korsika
Wir haben vor zwei Tagen das „Paradies“ gefunden, in der Nähe des Strandes von Roccapina. Der Strand selbst ist schon ein kleines Paradies. 3 km lange Sandstrandbucht, keine Menschenseele und als wir ankommen, mannshohe Wellen. Den Strand entdeckten wir vom Turm vor dem Löwenkopf aus, wir (S. u. ich) waren von der Südseite die Felsen hochgestiegen in der Hoffnung, den Strand zu finden, denn Jean Pierre hatte uns erzählt, dass er da liege müsste. Der Aufstieg war unheimlich beschwerlich, aber es war sagenhaft schön, durch die bizarren Felsen zu gehen. Leider hatten wir ganz schön Angst vor Schlangen und sahen dann auch prompt zwei, da wurde die Angst natürlich noch schlimmer und mit Stöcken in der Hand, die wir vor uns auf die Erde hauten, um die Schlangen zu vertreiben, schafften wir den Aufstieg.
Nach der Rückkehr fuhren wir mit Pidevit (Citroen 2VC) sofort auf die Nordseite zu dem Wahnsinnsstrand.
Am nächsten Tag gehen wir zu den drei Häusern, die wir vom Schlangenturm aus gesehen hatten. Es ist weiter als wir dachten, ca. 1 km durch Felsen und Gestrüpp und wieder die Angst vor den Schlangen. Endlich kommen wir an. 2 Häuser sind verfallen, das 3. hat ein Dach, scheint gut in Schuss zu sein. Wir gehen rum und finden eine Kellertür zu öffnen, drinnen ein herrliches Zimmer mit Gewölbedecke, zwei Bettgestellen und offenem Kamin. Wir gehen noch nach oben und die Tür lässt sich öffnen. Ein halb eingerichtetes Haus mit drei Zimmern und einem herrlichen Ausblick aus dem Fenster auf den Schlangenturm und Löwenkopf und auf einen natürlichen Hafen aus dem Fenster an der Vorderfront, das Dachgeschoss ist leider verschlossen. Gegenüber
dem Haus, auf der Landzunge des Hafens, steht ein ovales Häuschen, das sich wie ein Gewächshaus zwischen Felsen und Büschen einfügt. Auch diese Hütte ist offen, ein großer Tisch steht drin und allerlei Angelutensilien, im Sommer scheint diese silberglänzende Zinkhütte eine Fischerklause zu sein. Bei den Ruinen finden wir draußen noch einen intakten Backofen von ca. 2 Metern Durchmesser.
Kurzum ein Paradies. Leider finden wir am Ende unserer Expedition eine Bulldozerstraße die uns vermuten lässt, dass im Winter hier eine Feriensiedlung aus dem Boden gestampft wird. Am nächsten Tag Fotoexkursion, und abends gehen wir in das Haus um dort zu pennen, wenn es Regen gibt. Leider konnte ich die Adresse des Besitzers nicht raus finden. In der Nacht Regen und Gewitter. Hier ein paar Wochen mit ein paar Freunden müsste der Wahnsinn sein.

Murtoli als „Wahnsinnsort“
Die Einschätzung von Murtoli als „Wahnsinnsort“ zeigt sich seit einigen Jahren darin, dass die historischen Ruinen des ganzen Gebietes um Murtoli glücklicherweise behutsam restauriert und zu dem Urlaubsressort „Domaine de Murtoli“ zusammengefasst wurden. Murtoli ist heute eines der teuersten Luxusressorts in ganz Frankreich. In der Hauptsaison im Juli/August liegen die Übernachtungspreise bis zu 10.000 Euro pro Tag.

Zwar lassen die Tagebuch Einträge einerseits deutlich erkennen, dass PWG die „unbezahlbare“ Einmaligkeit von Murtoli erfaßt hat, aber andererseits geben die Tagebuch Einträge keinerlei Hinweise auf die dazugehörige „unbezahlbare Klangsignatur“, obwohl diese PWG bis heute noch im Ohr nachklingt. Daraus kann geschlossen werden, dass PWG die Klangstruktur zwar eindrücklich erlebt hat, aber er ihre Wirkung damals weder bewusst erkannt, noch reflektiert und natürlich schon gar nicht konzeptualisiert hat. Diese Bewusstseinsleistungen bezüglich Klangstrukturen beginnen bei PWG erst zaghaft ab 1984 nach der Begegnung und der dann fast vierzigjährigen Zusammenarbeit mit dem Gambisten und Komponisten Niklas Trüstedt. Diese Zusammenarbeit begann, während PWG's Zeit im sechsten „unbezahlbaren Haus“.

„Unbezahlbare Klangsignatur“ von Murtoli
Natürlich gehört auch zu Murtoli eine ganz besondere „unbezahlbare Klang- und Duftsignatur“, die je nach Jahreszeit mit dem mediterranen Küstenklima changiert. Und durch die Restauration des Ortes ist Murtoli wirklich von einem „unbezahlbaren Haus“ im Sinne von Kükelhaus zu einem real unbezahlbaren Ort geworden, zumindest für normal Sterbliche in der Hauptsaison.

Zu dem Sound im Inneren von Murtoli gehört das schwerbeschreibbare, sonore Echo von massiven Steinhäuser, die ein völlig eigenes klangliches Schwingungsverhalten haben.
Das Ensemble der äußeren Klangsignatur gestaltet sich aus den Brechungsgeräuschen der Wellen des Meeres, dem Säuseln, Rauschen oder Pfeifen der diversen Küstenwinde, dem still knisternden Flirren der Hitze, dem lautlosen Schleichen der Eidechsen und dem lauten Zirpen der Grillen. Dazu gehören ausserdem die mediterranen Düfte, sobald man wenige Meter landeinwärts geht.
Besonders eindrücklich sind die (nächtlichen) Gewitter auf dem Mittelmeer, wie dann Blitz und Donner in völlig ungehemmter und ungebrochener infernalischer Lautstärke vom Meer auf Murtoli zu rollen. Dazu gehört dann noch ein Prasseln, Zischen und Wehen der sintflutartigen Regenfälle. Diese infernalische Geräuschkulisse entfesselter Naturgewalten wird dann durch die Blitze für Sekunden erhellt. Diesen unvergleichlichen Soundtrack der Naturgewalten kann man aus dem sicheren, gewölbig gefalteten „Uterus“ von Murtoli erleben. Dabei wurde PWG unwillkürlich in eine thalassale Regression katapultiert. Der Komponist Nicolaus A. Huber hat in seinem Kompositionsstil versucht, durch Klangkompositionen ausgelöste Regressionen und Reflexionen zu erzeugen.

Das vierte „unbezahlbare Haus“:
Renthof 28 ½, Marburg
Während seines Psychologiesgrundstudiums wohnte PWG von 1975-1978 in einer Wohngemeinschaft in Marburg im ersten Stock des Fachwerkhauses am Renthof 28 ½ (heute ist das der Renthof Nr. 22). Das ist zwar ein Fachwerkständer Haus, aber auf Grund seines Alters noch kein „unbezahlbares Haus“, das noch aus dem Mittelsalter stammen würde, sondern es eist ein Nachbau aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Man könnte es also bestenfalls ein „unbezahlbares Häuschen“ nennen. PWG und seine weiteren vier Mitbewohner waren die Tilgungsstudenten der Hauseigentümer.

Die Klangsignatur des Renthof 28 ½
Der Renthof hatte damals keine direkte Autozufahrt, sondern lag etwas abseits an einem kleinen, steil ansteigenden Fußweg. Dementsprechend brandete als „unbezahlbare Geräuschkulisse“ verhaltener Stadt- und Verkehrslärm bis an den Renthof, Vögel zwitscherten und gelegentlich wurde die Ruhe von einem Rasenmäher mit Benzin Motor gestört. Innerhalb des recht hellhörigen Hauses knarzten die Dielen. Aus dem Erdgeschoss, in dem die damaligen Hauseigentümer der Künstler Joachim Spies und seiner Ehefrau der Lehrerin Pauli. „residierten“ schallten öfters mal dumpfe Streitereien herauf, insbesondere dann, wenn die Vermieter mal wieder dem Alkohol zugesprochen hatten. Diese sumpfigen, alkoholbedingten Streitereien waren so auch ein Bestandteil der Soundsignatur des damaligen Renthof 28 ½.
PWG fühlte sich im Renthof bis auf die ewigen Gängelungen durch die Hauseigentümer und bescheidenen Badezimmerverhältnisse soweit ganz wohl. Aber auf seiner Lebenstour der „unbezahlbaren Häuser“ war der Renthof eben „nur“ ein Durchgangshaus. Es war jenseits der Eigentums- und beengten Wohnverhältnisse eher Ausdruck einer Suche, als ein Ankommen. Einer Suche bei der PWG lange allerdings noch nicht klar war, was er eigentlich suchte.
Damals gehörte der Renthof 28 ½ dem Künstler Joachim Spies und seiner Ehefrau der Lehrerin Pauli. Die Hauseigentümer waren wie oft deutlich zu hören war lautstarke Freunde des Alkohol. Der somit einen wesentlichen Bestandteil der Soundsignatur des damaligen Renthof 28 ½ darstellte.

Beide waren auch in der Wolle eingefärbte Parteigänger der SPD, zudem waren sie die Eltern des heutigen SPD Oberbürgermeisters von Marburg, Thomas Spies

Das fünfte „unbezahlbare Haus“:
Ein Mühlenkomplex bei Paderborn
PWG war während seiner Studentenzeit häufig, sowohl für den Westdeutschen Skiverband, WSV, als auch für das Institut für Leibesübungen der Uni Marburg IFL als Skilehrer unterwegs. 1978 auf einer Skifreizeit des WSV in Saas Fee lernte er M.E. kennen. So ergab es sich, dass PWG des öfteren Gast in ihrem Elternhaus, einem Mühlen Ensemble bei Paderborn war.
Vom Alter war das Wohnhaus auch kein eigentliches „unbezahlbares Haus“ mit mittelalterlichen Wurzeln, aber das Gesamtensemble war als ein alter Mühlenstandort ein „unbezahlbarer Ort“ ebenfalls mit einer „unbezahlbaren Klangsignatur“.

Die Klangsignatur
Diese Klangsignatur war durch das langsame Strömen des Mühlengrabens und die Strömungen des Wehres zur Stromerzeugung eine ganz eigene, vom Wasser geprägte Soundsignatur. Neben den gelegentlichem Verkehrsgeräuschen von der kleinen, nahe vorbeiführenden Landstraße war die Soundsignatur von Stille, Blätterrascheln durch Wind und Regengeprassel in den Bäumen bestimmt. Heute ist die Stille durch die nahe vorbei führende BAB 33 beeinträchtigt bis gestört.
Zwei Müllers Kinder schienen sich damals glücklich gefunden zu haben. Aber die Beziehung ließ sich - aus unterschiedlichen Gründen - nicht langfristig stabilisieren und so wurde es auch wieder nichts mit einer späteren Zukunft in diesem „unbezahlbaren Haus“. Was sich insofern auch wieder als folgerichtig erwies, wenn man die späteren Einflüsse durch die BAB 33 einbezieht.

Das sechste „unbezahlbare Haus“:
Forsthaus Soen in Plettenberg
Über zwanzig Jahre nach dem Abriss der Mühle, die PWG als „Ausbombung“ aus der Dunkelschen Mühle als „unbezahlbarem Haus“ und als dem damals ältesten Haus in Plettenberg erlebt hatte, führte ihn das „Schicksal“ 1982 in das dann älteste, bestehende Haus von Plettenberg, den 1738 entstandenen „Backes” am Forsthaus Soen.
In diesem „unbezahlbaren Haus“ konnte PWG seine erste psychotherapeutische Praxis einrichten. Das ergab sich durch die erste Ehe von PWG mit seiner damaligen Frau, Dorothea Schulte, die die Eigentümerin des Forsthaus Soen war.
1983 gelang PWG die Freilegung des Haussegens am Backes, die Inschrift lautete: „Johan Piter Escher hat dies erbaut Anno 1738 den 17. Juny MDCCXXXVIII Johann Heinrich Soeman Lobe den Herrn meinie Sele Alleluya Pest” (H. Hassel 1983). 

Die Soundsignatur
Natürlich gehörte zum Backes und zum Forsthaus Soen auch eine „unbezahlbare“ Soundsignatur. Diese Soundsignatur zeichnete sich durch vier Klangstrukturen aus:
Die mittlere, deutsche Süd-Nord Verbindungen der Bahn die Lenneschiene von Hagen nach Siegen führte direkt am Sieseler Tunnel am Backes vorbei und natürlich waren hier nicht nur die Züge zu hören, sondern auch deren Vibrationen durch den Bodenschall zu spüren.
Desweiteren waren da die Fahrgeräusche des Verkehrs von der B 236, ebenso hörte man je nach Jahreszeit und Wasserstand das Fließen der Lenne und je nach Jahreszeit das Blätterrauschen und die Windgeräusche in den beiden Linden an der Stirnseite des Backes.

Eine weiterer Transitions- und kein Endort
Durch die Scheidung von der Eigentümerin des Forsthaus Soen wenige Jahre später wurde PWG zum zweiten Mal aus dem ältesten, unbezahlbaren Haus von Plettenberg „ausgebombt”. Sein Amüsement darüber hielt sich zunächst - auf Grund seiner damals noch beschränkten Weltsicht - in Grenzen. So kapierte er erst später die tiefenstrukturellen biographischen Entwicklungsmöglichkeiten dieser erneuten und notwendigen „Ausbombung“.
Diese Transitionsphase, die PWG zunächst als eine Endphase erlebte, war 1984 beim Gründungstreffen der igst in Italien schon frühzeitig, hellsichtig und mit wohlwollendem Spott von Gianfranco Checcin mit Referenz auf A. Korzybski's Unterschied von Landkarte und Territorium so kommentiert worden: „You had the map, she had the territory.
Auf diese Scheidung von Dorothea Schulte und deren Initialen (D.S.) wird beim siebten „unbezahlbaren Haus“ im Abschnitt Kabbalistische Spielereien II rekurriert.

Entscheidbare und unentscheidbare Fragen
Die entscheidenden und damit interessanten Fragen, die man in Biographien zu entscheiden hat, sind überwiegend rational „unentscheidbare Fragen“, denn man findet häufig erst im nachhinein heraus, ob die vorher getroffene Entscheidung hinterher die richtige/n war. Gleichwohl müssen gerade unentscheidbare Fragen entschieden werden.
Nach der Alltagspsychologie der Mutter von PWG sind die drei „zentralen“ „unentscheidbaren Fragen“ im Leben:
Welchen Beruf will ich ausüben?
Welchen Partner will ich haben/heiraten?
An welchen Ort will ich in welcher Behausung leben?
Jenseits davon gibt es natürlich weitere „unentscheidbare Fragen“, die wiederum Rückwirkung auf die drei zentralen „unentscheidbaren Fragen“ haben.
Wieviel kann und möchte ich verdienen?
Mit welcher Methode möchte ich über welchen Zeitraum welche Vermögensbildung und Alterssicherung betreiben? u.v.a.m.

Das Dreikörperproblem
Aus der Himmelsmechanik ist bekannt, dass „Dreikörperprobleme“ unlösbar sind oder nur annähernde Lösungen mit maximalem Rechenaufwand ergeben, da sich die drei Körper ständig, aber wechselseitig und damit hochkomplex bei ihrer Standortbestimmung beeinflussen. Bei den drei zentralen „unentscheidbaren“ Lebensfragen handelt es sich auch um ein „Dreikörperproblem“. Kann ich meinen Beruf an dem Ort ausüben, den auch mein Partner leben möchte? Oder wenn ich einen optimalen Ort und ein optimales Haus gefunden habe, kann ich dann da meinen Beruf ausüben und will mein Partner dann auch da wohnen und arbeiten? Und zu welchem Zeitpunkt sollen solcherlei Fragen in welcher Reihenfolge mit welcher Gewichtung entschieden werden?

Steuern, Driften, Nicht-Entscheiden
Ergo taucht in der Biographiegestaltung eine weitere „unentscheidbare Frage“ auf: soll in Biographien bewusst gesteuert oder nur richtungsgebend gedriftet werden oder soll gar das Fatum der Nicht-Steuerung entscheiden? Oder bei welchen Entscheidungen soll bewusst gesteuert werden, bei welchen „nur“ gedriftet werden und bei welchen soll eine Nicht-Entscheidung entscheiden? Und gibt es Kriterien, bei welchen Fragen nach welchem Modus entschieden werden soll?

Schlußfolgerungen aus den ersten sechs „unbezahlbaren Häusern“
Durch den Verlust des sechsten „unbezahlbaren Hauses“ hatte PWG endlich und schmerzlich kapiert, dass man bzgl. „unbezahlbarer Häuser“ und ihrer dazugehörigen „unbezahlbaren Klang- und Duftsignaturen“ der Eigentümer sein muss, um eine ungebrochene Verfügungskontrolle über diese „Unbezahlbarkeiten“ zu haben. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man ein „unbezahlbares Haus“ zu allererst bezahlen können muss. Und so war PWG als Sozialwissenschaftler mit beschränkten Mitteln seit 1986/87 auf der Suche nach einem bezahlbaren, „unbezahlbaren Haus“.
Die Suche gestaltete sich aber zunächst noch diffus, da PWG noch lange nicht mit dem Konzept des „unbezahlbaren Hauses“ von Kükelhaus vertraut war und ihm die bisherige biographische Reihung seiner „unbezahlbaren Häuser und Orte“ nur sehr diffus bewusst war. Durch diese posthoc Betrachtungen könnte der Eindruck entstanden sein, als ob PWG all die Jahre (bewusst und zielgerichtet) ein klares Konzept verfolgt hätte. Das wäre natürlich ein Mythos oder noch einfacher gesagt „Unfug“. PWG driftete, allerdings mit intuitiver Anbindung an seine Tiefenstruktur durch seine Biographie. Dabei wurde er in seinem Identitätskonzept nicht von der Frage angetrieben: „Wer bin ich“, sondern von der negativen Identitätsbildung von Faucoult: „Wir müssen nicht wissen wer wir sind, sonder was wir uns weigern zu sein.“

1984-1994, eine längere Transitionsphase 
Zwischen dem sechsten und dem siebten „unbezahlbaren Haus“ lage eine Übergangsphase von ca. zehn Jahren. Gegen Ende dieser Transitionsphase und mit dem Einzug in das siebte „unbezahlbare Haus“ entwickelte sich eine dynamische Konzeptausweitung und integrative Präzisierung des [MATRIX]-Modells. Diese Konzeptentwicklung soll hier zum besseren Verständnis übersichtsstiftend dargestellt werden. Umfassende Konzeptbeschreibungen finden sich in dem zu Anfang dieses Artikels zur Klangbiographie erwähnte Buches „Schritte auf dem Weg zu einer Präzision des Ungefähren.“
Zudem gibt der Kauf von „La Grange des Aulnes” einen interessanten Blick in die Entwicklung des „stereoskopischen Blicks“  von PWG. Die Aufmerksamkeit, die Sensibilität für den stereoskopischen Blick, ist deshalb so schwierig zu schulen, weil sich der stereoskopische Blick auf (zumindest zunächst) nicht-sichtbare Phänomene und Zusammenhänge bezieht und deshalb zunächst nur in der (biographischen) oder inneren Subjektivität eines Beobachters entsteht. Ein Blick, der im Zeitalter des Empirismus nicht mehr besonders viel gilt. Zur Erläuterung der Entwicklung des stereoskopischen Blickes ist zunächst die Schilderung eines verlängerten Wochenendausflugs notwendig, dazu werden nun einige Passagen aus dem zu Beginn des Artikels bereits erwähnten Buches zur [MATRIX]-Entwicklung „Schritte auf dem Weg zu einer Präzision des Ungefähren“ zitiert:

Das siebte „unbezahlbare Haus“:
La Grange des Aulnés bei Saint Dié des Vosges
1992 auf dem Kongress „Das Ende der großen Entwürfe, das Blühen der systemischen Praxis“ in Heidelberg lernte PWG die französische Psychiaterin Dr. Sophie Duriez kennen, und als Folge hielt PWG sich dann öfter in Paris auf. Der Vater von Sophie Duriez, ein berenteter HNO Arzt war ein großer Sammler des französischen Malers Arthur van Hecke. Daher war S. in den Besitz einiger Gemälde von van Hecke gelangt. Ein Landschaftbild von 1964 mit einem Häuschen in der nordfranzösischen Landschaft um Roubaix überzeugte PWG endgültig davon, dass er mit Sophie das „unbezahlbare Haus“ finden würde, dass er seit Jahren suchte. Und diese Geschichte soll hier kurz erzählt werden, weil sich in ihr wichtige Konzepte der zur gleichen Zeit entstehenden [MATRIX]-Beratung und der Stimmanalyse abbilden.

Kabbalistische Spielereien II
Zudem lernte PWG durch Sophie die französische Schriftstellerin und Kabbalistin Dominique Aubier kennen. PWG wurde ein langjähriger Schüler dieser beeindruckenden Frau und beschäftige sich für einige Jahre intensiv mit jüdischer Mystik. Das führte zu einem tieferen Verständnis der Unterscheidung zwischen den sichtbaren Oberflächenstruktur und de nicht-sichtbaren Tiefenstukturen in Biographien. Dabei waren dann alle Konzeptualisierungsbausteine gefunden und konnten endgültig zusammengesetzt werden.
Als PWG mit Dr. Sophie Duriez das siebente „unbezahlbare Haus“ fand, stand er noch am Anfang seiner Einweisung in jüdische Mystik. So fiel PWG die Umkehrung der Initialen zwischen der Eigentümerin des sechsten „unbezahlbaren Hauses“ Forsthaus Soen, Dorothea Schulte (D.S.) zu seiner damaligen Lebensabschnittsgefährtin Sophie Duriez (S.D.) erst zu einem späteren Zeitpunkt auf. Vulgär-kabbalistisch abgekürzt, handelt es sich bei der Umkehrung der Initialen nicht um einen Zufall, sondern um eine sinn- und zusammenhangsstiftende, kabbalistische Tiefenstruktur. Denn in der zehnjährigen Latenzphase von 1984 bis 1994, zwischen dem sechsten und siebten „unbezahlbaren Haus“, hatten sich auch die Kräfteverhältnisse zwischen PWG und Dr. Sophie Duriez erheblich verändert.
Diese Unterschiede bezogen sich auf zwei Ebenen: Während Dorothea Schulte keinerlei Berufsausbildung abgeschlossen hatte, aber reich geerbte hatte, hatte Dr. Sophie Duriez im Vergleich vergleichsweise wenig geerbt, aber dafür eine akademische Facharztausbildung abgeschlossen und war in bestimmten Berufsbereichen sehr erfolgreich und renommiert
Während PWG 1984 zu Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit als freiberuflicher Psychotherapeut ein „armer Hund“ war, hatte er zehn Jahre später 1994 eine solide, wirtschaftliche Basis erarbeitet und konnte so das siebte „unbezahlbare Haus“ bezahlen und seitdem dauerhaft erhalten, renovieren und strukturgerecht umbauen. So hatte auch die spätere Trennung von Dr. Sophie Duriez keinen Einfluß auf seine Eigentümerschaft des siebten „unbezahlbaren Hauses“. PWG ist bis heute auf das Engste freundschaftlich mit Dr. Duriez verbunden, die auch durch eigene Kraft erfolgreich ihren Lebensweg fortsetzen konnte.

Wie es mit dem siebten „unbezahlbaren Haus“ losging

„1993 war ich (PWG) im August durch eine familiendynamische Verkettung meiner damaligen Lebensabschnittspartnerin, der französischen Psychiaterin Dr. Sophie Duriez, zu einem verlängerten Wochenendbesuch zur „Opéra de Lune” in Badonviller, einem kleinen Ort in der Nähe des Stausees Lac de Pierre Percée bei Raon l`Étape der Nachbarstadt von Saint-Dié in Ost-Frankreich in den Vogesen, aufgebrochen. Es war ein sehr schöner sonniger Sonntag Ende August, und der Wochenendausflug wurde mit einer Fahrt zum Rhein-Rhone Kanal erweitert, der Lothringen unweit von Raon l`Étape durchzieht.“
Es sei mit Hinblick auf das Konzept der Klangbiographie explizit darauf aufmerksam gemacht, dass der Anlass für das scheinbar plötzliche Finden des siebten „unbezahlbaren Hauses“ mit einer „unbezahlbaren Klangsignatur“ die Folge eines Open Air Klangspektakels mitten in der Landschaft bei Badonviller war. Diese Oper war von Alain Bastien-Thiry auf die Beine gestellt worden. Alain war eine interessante Person. Die Geschichte des Schicksals seines Onkels Jean, wird in dem Film „Der Schakal“ erzählt. Das Open Air Spektakel Opera de Lunes war ein Singspiel über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Lothringen, das nach Einbruch der Dunkelheit mit dreihundert Komparsen, einer beeindruckenden Light-Show und einem wunderbaren Soundtrack aufgeführt wurde. Einflussfaktoren, die die Tiefenstruktur von PWG auf eine ganz bestimmte Art angeregten.

„Zu dieser Zeit hatte ich (PWG) überlegt, ob ich mir nicht in Frankreich ein Haus kaufen sollte, zumal deshalb in Frankreich, weil meine damalige Lebensabschnittsgefährtin Französin war. Ende August kann die Witterung so sein, dass auf der einen Seite die Kraft des Sommers noch voll zu spüren ist, aber auf der anderen Seite gerade am beginnenden Spätnachmittag sich die Melancholie des nahen Herbstes leise bemerkbar macht. Diese jahreszeitlichen Übergangszonen begünstigen den stereoskopischen Blick ungemein. Man befindet sich auf der Grenze zwischen zwei jahreszeitlichen Passagen, wie beispielsweise die Hagazussa auf der Hecke zwischen der Zivilisation und der Wildnis. Man kann in beide (Zeit-)Zonen schauen. Mit einer leichten Wendung des (inneren) Blicks nach links oder rechts wird man Teil der einen oder anderen Welt.
Auf dieser Fahrt komme ich zu einem kleinen Hafen am Rhein-Rhone Kanal und beobachte einen Mann, der mit einem Mofa über eine Holzplanke auf ein Segelschiff fahren will. Dieser Mann erfüllte das stereotype Bild des Franzosen aus deutscher Sicht. Er fuhr auf einer Solex, hatte eine Baskenmütze auf dem Kopf und ein Baguette unter den Arm geklemmt, aus der Jackentasche ragte eine Flasche Rotwein, im Mund hing schräg die Clope. Die Totaleinstellung dieser Szene im Glanz der spätnachmittäglichen Sonne an einem Spätsommertag Ende August ist die symbolisch zusammengefasste Variante eines weiteren Frankreichklischees des ländlichen Müßiggangs als ewiger Homo ludens mit dem Motto „Leben wie Gott in Frankreich”. Ich beschließe deshalb spontan, mir auch ein (Binnen)Schiff und eine Solex zuzulegen.
In der gleichen Minute verfalle ich für die nächsten Tage in einen spontanen Schiffstaumel und phantasiere meine zukünftigen Urlaube auf den französischen Binnengewässern. Einige Tage später auf dem Rückweg nach Heidelberg passiere ich Saint-Dié und halte am ersten Zeitungskiosk, um mir die französische Ausgabe der Zeitschrift „Le Yachting” zu kaufen, um mich über Schiffspreise zu informieren. Der Kauf ist schnell getätigt, ich steige wieder in meinen Wagen, überquere die Meurthe-Brücke und nehme dreihundert Meter weiter aus den Augenwinkeln ein Immobiliengeschäft wahr. Ich halte wiederum spontan an, steige aus, schaue mir die angebotenen Häuser im Schaufenster an. Ein Haus in der Auslage gefällt mir. Ich betrete den Laden und habe zwei Stunden später mein heutiges Haus, den Sitz des missing-link-instituts, gekauft. Der Schiffstaumel erfuhr eine blitzartige Spontanheilung:
Was war da in Wirklichkeit passiert, und wie hängt das mit dem stereoskopischen Blick zusammen? Wie ich mich später erinnern konnte, hatte sich durch die Beobachtung des Franzosen am Rhein-Rhone Kanal folgende Szene als visuelle Hintergrundstrahlung in meinem Kopf abgespielt:
Ich spiele 1959 als Kind mit sieben Jahren am Ende der Ferien an einem Bach auf dem Grävinglöh (dem zweiten „unbezahlbaren Haus“ in meiner Biographie) mit einem kleinen selbstgeschnitzten Schiffchen aus Kiefernborke. Dieser sauerländische Einödhof war mir früh zu einem zweiten Elternhaus, zur zweiten Heimat, geworden.
Einen Locus amoenus wie diesen wollte ich nach dem Abriss meines Elternhauses Dunkelsche Mühle im Jahr 1959 stets zurückhaben.

Im Hintergrund steht mächtig das „unbezahlbare sauerländische Bauernhaus” Grävinglöh. Von der Seite des kleinen Baches gesehen, steht eine Eiche vor dieser Seite des Hauses, und das warme spätsommerliche Sonnenlicht fällt in einem bestimmten Winkel auf die Szene. Die Wirkung dieser Szene wird durch den typischen Geruch der vollen Reife, den die Natur um diese Jahreszeit ausströmt, weiter aufgeladen. Mein Freund, mit dem ich sechs Wochen alle möglichen Abenteuer bestanden hatte, ist schon abgereist, so bin ich, als Junge von sieben Jahren, der letzte Feriengast. Mein Wissen darum, dass die Ferien bald zu Ende sein werden, erzeugt eine melancholisch aufgeladene innere Sehnsucht, eine wehmütige Solitude über den zu Ende gehenden Sommer und das baldige Ende der Ferien und des freien ungebundenen ganztägigen Spielens auf dem Grävinglöh. So träume ich mich mit meinem Borkenrindenschiffchen am Bach in andere Welten, insbesondere in solche, in denen die Ferien ewig weitergehen werden. Angeregt durch die gleiche Jahreszeit, das warme Sonnenlicht, den spätsommerlichen Geruch, die bald endenden Ferien und die Beobachtungen des mit seinen französischen Attributen auf seiner Solex flanierenden Franzosen, der über eine Planke auf sein Schiff fahren will, lösen bei mir einen erst Tage später bewusst gewordenen regressiven Flashback zum Grävinglöh aus. Ich beobachte meine Innenwelt nicht präzise genug und meine deshalb, das Schiff aus der Oberflächenstruktur meiner Innenwelt sei das obskure Objekt meiner sehnsuchtsvollen Begierde. Ich hätte meinen Blick auf meine Innenwelt etwas erheben müssen und von dem Schiff in der Außenwelt weiter hinter das Schiffchen in meiner Innenwelt sehen und dann mein zweites Elternhaus, den Grävinglöh in meiner Innenwelt erkennen müssen. Dann hätte ich gleich erkennen können, dass es um einen solchen Einödhof zur Wiedergewinnung des Locus amoenus, meines Kinderferienparadieses, ging und nicht um ein Schiff. Gott sei Dank war meine bis zu dieser Zeit ziemlich naturbelassene iterative Tiefensuche soweit intakt, dass ich aus den Augenwinkeln nach der Überquerung der Meurthe das Schaufenster des Immobilienladens wahrnahm und unbewusst die Fotos der Immobilienangebote abgescannt und herangezoomt hatte.
Durch die nachreflektierende Rekonstruktion dieser Erinnerung im Zusammenhang mit Ernst Jüngers Schriften wurde das Verständnis dafür und das Vermögen meines stereoskopischen Blicks erheblich gekräftigt.
Dies wurde noch dadurch verstärkt, dass ich durch genaue Rekonstruktion der Faktenlage feststellte, dass diese Rückkehr vom Grävinglöh am Ende des heißen Sommers 1959 war. In diesen Sommerferien wurde die Dunkelsche Mühle abgerissen, und nach den Sommerferien zog ich betrübt in das neu gebaute Haus ein, in dem zwar alles größer und komfortabler war, aber es war kein „unbezahlbares Haus“ mehr. Gerüche, Stimmung, die Mühlrad- und Schmiedehammervibrationen sowie Hund und Katze der Mühlen waren perdu. Ich hatte das plötzliche und vorzeitige Ende meiner bis dahin ungebrochenen glücklichen Kindheit erlebt.
In diesen stereoskopischen Erinnerungszyklus gehört noch die Facette, dass ich einige Monate zuvor den Kauf einer Eigentumswohnung in Heidelberg im Moment der Vertragsunterzeichnung abgebrochen hatte, weil mir klar wurde, dass das nicht der Locus amoenus sein würde, der in meiner Tiefenstruktur vorgesehen war. Zwar war diese sanierte Eigentumswohnung in einem historischen Gebäudekomplex, aber die Sanierung war oberflächlich historisierend und deshalb misslungen, und die kontextuelle Einbettung war nicht stimmig. Hätte ich mich hier wiederum nicht auf meine naturbelassene iterative Tiefensuche, mein „Groken“, vertraut, hätte ich eine Eigentumswohnung am Hals gehabt, die ich eigentlich nicht hätte haben wollen.
Ein voll entwickelter stereoskopischer Blick hätte bewusst oder in nur kurzem zeitlichen Abstand den Brückenschlag zwischen dem „Schiffchenspiel” im Spätsommer 1959 und dem „Schiffchenspiel” mit französischem Mann mit Baskenmütze auf einer Solex einschließlich Baguette und Rotweinflasche im Spätsommer 1994, also 35 Jahre später, flüssiger, schneller und eleganter hinbekommen.

Weitere konzeptuelle Bausteine
Erst 1994 wurde PWG von Andreas Burhorn und Markus Wortmann vom Opus-Consulting-Team auf das Konzept des „unbezahlbaren Hauses“ aufmerksam gemacht. A. Burrhorn machte 1994 bei einem Besuch im Seminarhaus „La Grange des Aulnés“ die Bemerkung, dass es sich hier wohl um ein „unbezahlbares Haus“ im Sinne von Hugo Kükelhaus handeln würde. Dieses Konzept hatte für PWG eine enorme erkenntnisstiftende Kraft.
Es kam noch hinzu, dass Kükelhaus auch der Erfinder der „Allbedeut‘-Spielzeuge und damit der Greiflinge für Kleinstkinder war. PWG hatte seit seiner Kleinstkindzeit einen kükelhausschen Greifling ein Reifen Rässelchen, dass er bis heute immer gut behütet und bewahrt hat. Durch Kükelhaus schlossen sich im mehrfachen Sinne für PWG mehrere konzeptuelle Kreise bzw. miteinander verkettete Ringe.

Als sich PWG dann noch auf die Spuren seines leiblichen Großvaters Wilhelm Dunkel begab, der den ersten Weltkrieg als Müllermeister und damit als „Furier“ in den Versorgungslagern des kaiserlichen Heeres in Straßburg verbracht hatte, dämmerten ihm so langsam die tiefenstrukturellen Zusammenhänge zwischen seinen biographischen Oberflächen- und Tiefenstrukturen und dem ihn antreibenden faustischen Weltverstehen.
Die Konzepte von Ernst Jüngers „stereoskopischem Blick“, der „übersichtlichen Partie“, der „strengen Prüfung“, der „Dèsinvolture“, der „unbezahlbaren Häuser“, sowie deren „unbezahlbarer Klangsignatur“, der Stimmanalyse und dem Konzept der Klangbiographie im Unterschied zur und in Überschneidung mit der Musikbiographie begannen sich zum einem komplexen Gesamtkonzept zu organisieren.
Das wurde 2008 als weiterer Baustein zu dem Artikel „Der Ernst des Lebens. Zum Nutzen einiger Konzepte von Ernst Jünger im [MATRIX]-Coaching“ kondensiert. Hier setzte sich PWG mit dem unerfüllten Lebenstraum seines Großvaters dem Müllermeister Wilhelm Dunkel auseinander, der sich nichts sehnlicher wünschte, als nach dem ersten Weltkrieg wieder in sein Zivilleben im geliebten Elsass zurückkehren zu können. Dieser Lebenstraum blieb Wilhelm durch seinen frühen Tod verwehrt und so „musste“ PWG diese Delegation seines Großvaters schließlich mit (s)einer Rückkehr ins Elsass erfüllen.
Jünger beschreibt auch die „Sauf-, Fress- und Lebemann-Orgien“ der „Furiere“ in ihren üppig gefüllten Versorgungslagern (SW, B1, S. 61f). Es stellt sich die Frage, ob auch diesbezüglich durch die damalige wilde Lebensphase eine Delegation von PWG abgearbeitet werden musste?

Das Seminarhaus des missing-link-institut wurde 1835 vermutlich von Freimaurern erbaut (wie es die Sandstein Intarsien in der vorderen Hauswand nahelegen). Es ist wie einige andere „unbezahlbare Häuser“ in der Biographie von PWG, wie die Dunkelsche Mühle, der Grävinglöh, Murtoli im Südwesten von Korsika, der Mühlenkomplex bei Paderborn und das Forsthaus Soen ein Bruchstein Haus.

Über der Eingangstür prangt als Hausspruch der Psalm 127, 2
VANUM EST VOBIS     Es ist umsonst,
ANTE LUCEM             dass ihr früh aufstehet
SURGERE SURGITE    und hernach lange sitzet
POST QUAM              und esst Euer Brot mit Sorgen;
SED ERITIS               (denn den Seinen gibt`s der Herr
QUI MANDUCATIS      im Schlaf.)
PANEM (DOLORIS)

Die äussere Klangsignatur von La Grange des Aulnés
La Grange des Aulnés ist eine Einzellage im Wald mit einem Abstand von zwei Kilometern nach allen Seiten zu den nächst kleineren Siedlungen und Dörfern unterhalb des Tête de la Behouille.
Natürlich ist das kein Wald im ursprünglichen Sinne, sondern bei Licht betrachtet ein forstwirtschaftliches Industriegebiet. Das wird dann hörbar, wenn die Motersägen oder Harvester Baumbestände abernten.
Gleichwohl zeichnet sich die äussere Soundsignatur durch Stille aus, die nur vom Plätschern der Quelle und weiteren Naturgeräuschen, wie dem Gesang der Vögel, dem Schwirren der Schwalben, dem Klopfen der Spechte, dem Summen der Bienen und Wespen, sowie dem Brummen der Hummeln, wie dem Miauen der Katzen, dem Bellen der Hunde, dem Wippen und Rascheln der Äste, Zweige und Blätter durch die Eichhörnchen, die Hermeline und die Waschbären, dem herbstlichen Röhren der Hirsche, dem gelegentliche Bellen eines Fuchses, dem Knurren des Dachses, dem Grunzen der Wildsauen, dem leisen Scharren und Kratzen der Maulwürfe, dem Huschen der Eidechsen, dem Flimmern der Hitze im Sommer oder vom Säuseln bis Rauschen des Windes und vom Plitschen bis Pladdern des Regens ergänzt wird.
Ab und zu raschelt der Rasenroboter bei seiner Mäharbeit, je nachdem, wo er im Gartenpark um das mli seine Arbeit verrichtet.
Gelegentlich rumpelt ein Fahrzeug über den Waldweg oder Jugendliche, die ihre Geländemaschinen ausprobieren möchten, stören die Stille.
Diese Stille fördert je nach Wetterlage und Windrichtung die Wahrnehmung schwacher Soundsignale in der weiten Ferne. Man hört entfernte Fluggeräusche vom lokalen Flughafen in Remomeix oder sehr, sehr weit entfernt in der Nacht vom hochfliegenden Fernflugverkehr. Ebenso kann man bei stärkerem Westwind, zweimal am Tag morgen und abends sehr entfernt den Vogesenexpress von Straßburg hören oder ein entferntes Rauschen der Umgehungsstraße von Saint Dié.
Im Großen und Ganzen ist die Soundsignatur von La Grange des Aulnés eine vorindustrielle, naturbasierte, ruhige Soundsignatur an deren Grenzen gelegentlich der lärmende Sound der Zivilisation strandet. 
Es ist ein großes Privileg in dieser naturbelassen Soundsignatur leben zu dürfen, die natürlich noch durch die jahreszeitlichen Duftsignaturen des Gartenparks und des Waldes ergänzt werden. Das Waldbaden für das Stadtbewohner einen Wald aktiv aufsuchen müssen und dessen gesundheitliche Effekte sie nur zeitbegrenzt auf sich einwirken lassen können, ist in La Grange des Aulnés ein natürlicher Bestandteil der umhüllenden Lebensatmosphäre. Waldbaden und seine positiven Effekte durch die seine natürlichen Luftbestandteile ist hier ein „chronischer“ Zustand.
Diese Gesamtsignatur löst in der Tiefenstruktur mancher Besucher, Klienten und Mandanten immer wieder interessante, durchschlagende und katalysierende Wirkungen aus.
Dazu gibt es manche Geschichten zu erzählen.

Die innere Soundsignatur
Die einerseits federleichten und andererseits schweren, aber unabhängig vom „Geruchsgewicht“ weit ausströmenden Duftsignaturen bestimmen natürlich auf die innere Ruhe von La Grange des Aulnés. Hier vergisst man sehr schnell die lineare Zeit und/oder den Wochentag. Stattdessen bestimmen Sonnenauf- und -untergang, das jeweilige Wetter und die zyklischen Abläufe von Natur und Ernte das Geschehen.
Als ein klassisches „unbezahlbares Haus“ integriert es die untschiedlichsten Einrichtungs- und Möblierungsstile zwischen High-Tech Design, High-End und Favela.
Wenn man es will, kann man für Tage oder Wochen das sonstige Weltgeschehen ausblenden. Von dem wahnsinnigen Unfug der Corona Lockdowns konnte man sich vollständig abkoppeln, zumal die fernen Zivilisationsgeräusche vollständig verstummt waren.
 

Gesamtfazit zur Klangbiographie
Wie zuvor beschrieben, setzt sich die Klangbiographie von PWG aus folgenden Klangstrukturen und -signaturen zusammen, denen er im Laufe seiner Biographie begegnet ist, die ihn beeinflußt und mehr oder weniger stark geprägt haben:
Durch die sauerländische „Spökenkikerei“ und die dadurch bewirkten, kulturhistorischen Prägungen, sowohl des Müllerdaseins, als auch der Traditionen des Schmiedeberufes wurde PWG's Blick für nicht sichtbare, nicht hör- und nicht fühlbare Tiefenstrukturen der schwachen Signale jenseits der offensichtlichen und hörbaren Oberflächenstrukturen erweitert.
Die Dunkelsche Mühle als „unbezahlbares Haus“ mit ihrer „unbezahlbaren Klangsignatur“ eingebettet in einen ganz speziellen, lokalen Klangkontext und ihrem, im wahrsten Sinne des Wortes tiefenstrukturellen Unterflur Hörrohr bis an den Rand der damaligen, innerörtlichen Industrieschmieden, war besonders prägend für die Wahrnehmung ebenso spezieller, wie schwacher Soundsignale.
Durch die weiteren sechs „unbezahlbaren Häuser“ mit ebenfalls „unbezahlbaren Soundsignaturen“, denen PWG im Laufe seines Lebens begegnet ist, haben seine Sensitivität für Klangsstrukturen wiederholt, variiert, ausgeweitet und deren Prägung und Bedeutung zunehmend ins Bewusstsein gehoben und konzeptualisierbar gemacht.
Durch seine expliziten Weigerungen, etwas zu einem frühen Erwerb seiner Musikbiographie beizutragen und die frühen Elemente seiner Dampfradio Basteleien konnte PWG den Einflüssen der Pop, R&B, Soul, Blues, Jazz Musik gleichwohl folgen und wurde davon als Hörer stark beeinflußt. Dies hat dann zu einer ständigen, notwendigen, aber gleichwohl vergeblichen Suche nach dem akustischen „Heiligen Gral“ geführt, dessen Mythos natürlich unerreichbar bleibt und den man auf der ewigen Suche nach Klangverbesserungen bei Musikreproduktionsmaschinen auch nicht finden kann.
Ab 1984 kam in der Verbindung mit dem Kirchenmusiker, Komponisten und Gambisten Niklas Trüstedt bei der Entwicklung der Stimmanalyse eine neue Konzeptualisierung und Hörpraxis hinzu.
Und erst mit dem späten Rückgriff der Arbeiten von Murray Schafer's „Ordnung der Klänge Eine Kulturgeschichte des Hörens“ konnten diesen verschiedenen biographieprägenden Klangstrukturen unter dem Begriff der Klangbiographie in Abgrenzung zu und Übereinstimmung mit der Musikbiographie zusammengefasst werden.

Abschließend eine Übersichtstabelle zur Entwicklung der Klangbiographie im Rahmen anderer Modellentwicklungen von PWG:
Wie aus der folgenden Tabelle  hervorgeht, hat PWG bis 2024 26 Jahre nicht in „unbezahlbaren Häusern“ mit einer „unbezahlbaren Klangsignatur“ gelebt. Ab 1994 hat er zumindest häufig an Wochenenden und in den Ferien wieder in einem „unbezahlbaren Haus“ mit einer ebensolchen Klangsignatur gelebt. Dreimal gab es in seinem Leben größere Unterbrechungen oder Auszeiten seines Lebens von einem historischen, „unbezahlbaren Haus“.
Über den Daumen gepeilt hat PWG weit mehr als die Hälfte seines Lebens in „unbezahlbaren Häusern“ gelebt. Ab 1994 hatte er dann sein endgültiges „unbezahlbares Haus“ gefunden und konnte es dann auch bezahlen.
.

Übersichtstabelle zur Klangbiographie und „unbezahlbaren Häusern“
Nun bedeutet eine Klangbiographie natürlich nicht, dass man (wie PWG) zwangsläufig in historischen „unbezahlbaren Häusern“ mit teilweise „unbezahlbaren Umgebungen“ mit den dazu gehörigen „unbezahlbaren Klangsignaturen“ gelebt haben muss, sondern das ist nur einer von unendlich vielen möglichen Wegen, um auf die Bedeutung und Wirkung von Klängen in (s)einer Biographie früher oder später aufmerksam zu werden. Zumal auch andere, weniger herausragende oder eher alltägliche Lebensorte und Berufe alle eine Klangsignatur haben. Nur können diese Klangsignaturen im Sinne des heute üblichen Zivilisations-, Industrie-, Verkehrs- und Fluglärm als gewöhnlich und damit für den Hörerenden als zwar störend, aber als unauffällig, weil überall vorkommend und erlebbar werden.

Anthropologische Nicht-Orte
Viele Orte sind heute durch die technisierte Lärmkulissen der (negativen) Moderne als „Nicht-Orte“ (Flughäfen, U-Bahnen, Autobahnen, Schnellstraßen, Wohnsilos, Supermärkte, Hotelketten u.v.a.) ebenso gekennzeichnet wie akustisch „verschmutzt“. Es sind Orte des Ortlosen, also das Gegenteil von individuellen, „unbezahlbaren“ Erinnerungsorten. Dies sind Orte, die sich einer individuellen und damit auch einer „unbezahlbaren“ Klangsignatur entziehen.

Gleichwohl bedeutet das im stimmanalytischen Rückschluss von einer Stimme auf die Persönlichkeitseigenschaften, die Identitätsstruktur, das Menschen- und Weltbild und die Biographie einer Person, dass man (zumindest) als „Stimmanalytiker“ gut beraten ist, wenn man sich übersichts- und zusammenhangsstiftend mit den prägenden Klangsignaturen seiner biographischen Lebensorte, also seiner Klangbiographie und ggf. gerade auch mit seiner aktiven oder passiven Musikbiographie befasst.
Es gilt die Regel je differenzierter und je profunder man diese lebensweltlichen und lebensgeschichtlichen übersichts- und zusammenhangsstiftenden biographischen Entwicklungen zwischen Stimme und Umwelten von Personen durch explorative „Lauschangriffe“ erfahren und explorieren kann, desto besser sollten mit der Zeit die Reliabilität und Validität von stimmanalytischen Einschätzungen werden.

Ein Lehrberuf dauert Vollzeit bis zur Gesellenprüfung drei Jahre und dann mindestens noch einmal zwei Jahre bis zur Meisterprüfung. Ein Hochschulstudium dauert mit Diplom oder Master Abschluss vier bis fünf Jahre und mit Promotion mindestens sieben bis acht Jahre in Vollzeit.
Da das Befassen mit der Klangbiographie und der Stimmanalyse in den meisten Fällen keine Vollzeit, sondern wie auch bei PWG eine Teilzeit- oder Nebenbeschäftigung ist, kann man sich ausrechnen, viel Zeit die Beschäftigung mit der Materie in Anspruch nimmt, bis man es zu einer gewissen Meisterschaft gebracht hat.

Literatur
Alexander, Ch.; Ishikawa, S.; Silverstein, M. (1995):
Eine Muster-Sprache: Städte, Gebäude, Konstruktionen. Wien, Löcker Verlag.
Ansoff, H. I. (1975):
Managing Strategic Surprise by Response to Weak Signals. California Management Review, XVIII(2):21–33
Bloch, Ernst (1976):
Das Prinzip Hoffnung. Suhrkamp, Frankfurt.
Burckhardt Lucius, Ritter M., Schmitz, M. (2017):
Warum ist die Landschaft so schön? Die Spaziergangswissenschaft. M. Schmitz Verlag, Berlin.
Duerr, Hans Peter (1985):
Traumzeit Über die Grenze zwischen Widnis und Zivilisation. Suhrkamp, Frankfurt.
Eliade, Mircea (1980):
Schmiede und Alchemisten. Stuttgart, Klett Cotta.
Gester, Peter-W. (2013):
Praxishandbuch für Biographieanalyse und Zukunftsgestaltung. Plettenberg mühle media.
Gester, Peter-W. (2013):
Schritte auf dem Weg zu einer Präzision des Ungefähren. Plettenberg mühle media.
Han, Byung-Chul (2012):
Transparenzgesellschaft. Matthes & Seitz, Berlin.
Hassel, Horst (1983):
Wiederentdeckte Haus-Inschrift gibt Rätsel auf. Fachwerkhaus im Soen wurde 1738 erbaut - gab es eine „Pest“ im 18. Jahrhundert? Süderländer Tageblatt. Plettenberger Heimatzeitung v. 25.11.1983. 
Hassel, Horst (1983):
„PEST“ ist kein Hinweis auf eine Seuche. Rätsel um die Inschrift des Fachwerkhauses Soen zum Teil aufgeklärt. Süderländer Tageblatt. Plettenberger Heimatzeitung v. 26.11.1983.
Heinlein, Robert A. (2000):
Fremder in einer fremden Welt. Heyne. München, Original 1961.
Hüsmert, Ernst (1995):
Industriestadt im Grünen. In: Gierke, Günter (Hrsg.), (1995): Plettenberg Beiträge zur Heimatkunde. Heimatbund Märkischer Kreis. Balve, Zimmermann.
Jünger, Ernst (1978 – 2003):
Sämtliche Werke, 18 Bände. u. 4 Supplement-Bände. Stuttgart, Klett-Cotta. Im Text als (SW) abgekürzt.
Jung, Carl Gustav (1984):
Das Grundwerk (GW). Band 1 bis 9. Walter, Olten.
Kükelhaus, Hugo (1955):
Das unbezahlbare Haus. In Merian 8/7. S.46 – 47. Hamburg, Hoffmann & Campe.
Leibniz, Gottfried Wilhelm (1996):
Philosophische Schriften.: Band 1: Kleine Schriften zur Metaphysik. Suhrkamp, Frankfurt.
Lévy-Bruhl, Lucien (1928):
The Soul of the Primitive. Macmillan, New York.
Narby, Jeremy (1998):
Die kosmische Schlange. Auf den Pfaden der Schamanen zu den Ursprüngen modernen Wissens. Klett-Cotta, Stuttgart.
Oberwinter, Heike (1995):
Die märkisch-sauerländische Sensenindustrie. In: Gierke, Günter (Hrsg.), (1995):Plettenberg Beiträge zur Heimatkunde. Heimatbund Märkischer Kreis. Balve ,Zimmermann.
Raulff, Ulrich (2021):
Sauerland als Lebensform. Münster, Aschendorff.
Rossi, Ernest L., Hrsg. (1998):
Gesammelte Schriften von Milton Erickson. Bände I – VI. In Band V:
Innovative Hypnotherapie II. Pseudoorientierung in der Zeit als hypnotherapeutische Vorgehensweise. Förderung des
objektiven Denkens und neuer Bezugsrahmen durch Pseudoorientierung in der Zeit. Heidelberg, Carl-Auer-Systeme.
Schafer, R. Murray (2010):
Die Ordnung der Klänge: Eine Kulturgeschichte des Hörens. Mainz, Schott.
Wagner, Richard (1850):
Das Kunstwerk der Zukunft in Ders., Sämtliche Schriften und Dichtungen.Bd.3: 63, Miami, Hard Press.